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schärfte sich nur in den Verhandlungen. Dazwischen überkam den hasserfüllten Greis wohl auch die Furcht vor seinem von höheren Mächten beschützten Gegner; dann unterbrach er seine Drohungen durch Bitten und Versprechungen; aber immer kehrte er wieder zu der kriegerischen Tonart zurück[1]. Zum Schlusse kam, was Jedermann vorausgesehen hatte, und im Frühling 324 setzten sich die Heere in Marsch[2].

Licinius nahm eine äusserst feste Stellung bei Adrianopel ein[3], dessen Umgegend er von seinem früheren Feldzuge her sehr genau kannte. Am Ufer des Hebrus entlang zog sich seine Armee über eine Linie von fünf Meilen Länge hin, dem Feinde den Uebergang verwehrend. Mehrere Tage lang standen die Heere an beiden Ufern des Flusses einander gegenüber, ohne dass Constantin, der, wie immer, vorwärts drängte, zum Schlagen hätte kommen können. Endlich gelang es ihm, den Gegner zu täuschen. Während er dessen Aufmerksamkeit durch scheinbare Zurüstungen zu einem Brückenbau fesselte, überschritt er an weit entlegener Stelle mit einer kleinen Schaar in einer Furt den Fluss, schlug die dort aufgestellte, wenig zahlreiche Bewachung zurück und führte, nachdem er das jenseitige Ufer besetzt hatte, sein ganzes Heer hinüber. Aber auch jetzt machte ihm der Ansturm auf die Höhen, welche Licinius besetzt hielt, noch harte Arbeit[4]. Nur dass sein Heer dem des Feindes, welches wahrscheinlich zum grossen Theil aus neu ausgehobener, wenig geübter Mannschaft bestand, an Tüchtigkeit und Disciplin weit überlegen war, entschied die Schlacht zu seinen Gunsten. Wieder hatte er persönlich unter den Vordersten gekämpft und selbst eine leichte Verwundung davongetragen[5]. Aber war der Kampf, welcher am 3. Juli 324 bei Adrianopel ausgefochten wurde[6], auch schwer genug, seine Früchte entsprachen den Mühen. Das orientalische Heer löste sich in wilder Flucht auf; am andern Tage ergab sich der grösste Theil der zerrissenen Massen dem Sieger[7]. – Doch war der Rest, welcher Licinius blieb, noch

  1. Anon. Vales. 5, 21–22.
  2. Ueber die Zeit dieses Krieges s. Zeitschr. f. Rechtsgesch. X, S. 188 ff.
  3. Anon. Vales. 5, 24; Zos. II, 22, 3.
  4. Zos. II, 22, 4 ff.
  5. Anon. Vales. 5, 24.
  6. Das Datum bei Hydat. fast. a. 324; CIL. I, S. 346; Cod. Theod. VII, 20,1; Chron. Pasch. a. 325.
  7. Zos. II, 23, 1.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_352.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2023)