Seite:De DZfG 1892 07 330.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gesehen[1]. Sehr ernste Briefe Constantin’s, der, während er unter dem Zeichen Christi gegen Maxentius focht, auch den Schutz seiner fernen Glaubensgenossen für seine Pflicht hielt, machten diesem Treiben zwar ein Ende. Maximinus, dessen Reichstheil eben von Pest, Hunger und Krieg heimgesucht war, fühlte sich zu schwach, um der Forderung seines Mitregenten, der auch Licinius Unterstützung gewährte, in dieser Zeit Widerstand zu leisten. Er erliess also eine neue Verordnung, durch welche er seine Beamten anwies, sie sollten nicht mehr durch Gewalt, sondern nur noch durch Lockungen und Versprechungen die Christen zu bekehren suchen, aber heimlich dauerten die Morde noch immer fort[2] und die eingeschüchterten Gemeinden schenkten diesem Toleranzerlasse mit Recht keinen Glauben mehr[3].

Auch auf die öffentliche Meinung suchte der Tyrann zu Gunsten der alten Götter zu wirken. Gefälschte Acten des Processes, der gegen den Heiland vor Pilatus geführt worden war, wurden in allen Städten und Dörfern durch Maueranschläge verbreitet und sollten sogar den Kindern beim Schulunterricht eingeprägt werden[4]. Die Nichtswürdigkeit desjenigen, zu welchem die Christen beteten, war darin mit den schwärzesten Farben dargestellt. Durch einen Militärbeamten wurden ein paar Dirnen zu der Aussage veranlasst, dass sie ehemals Christinnen gewesen seien und in den Zusammenkünften der Gemeinde grobe Ausschweifungen und Gottlosigkeiten mit angesehen hätten, und auch hierüber wurde das Protokoll zur allgemeinen Kenntniss gebracht[5]. Um dem Heidenthum neue Stützen zu gewähren, wurde in jeder Stadt und jeder Provinz ein Oberpriesterthum geschaffen, dessen Inhaber, durch glänzend weisse Gewänder vor der Menge ausgezeichnet, die Aufsicht über die Opfer zu führen und den Cultus der Christen zu hindern hatten[6]. Der Kaiser

  1. Euseb. h. e. IX, 6.
  2. Lact. de mort. pers. 37; Euseb. h. e. IX, 9, 12 ff. Von einem Toleranzgesetze des Constantin und Licinius kann freilich nicht die Rede sein, da ein solches ja schon durch Galerius gegeben war und im ganzen Reiche, mit Ausnahme des Orients, in voller Kraft bestand. Wahrscheinlich also meint Eusebius jene Briefe, von denen Lactanz redet.
  3. Euseb. h. e. IX, 9, 10 ff.
  4. Euseb. h. e. IX, 5, 1; 7, 1.
  5. Euseb. h. e. IX, 5, 2.
  6. Lact. de mort. pers. 36; Euseb. hist. eccl. VIII, 14, 9; IX, 4, 2.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_330.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)