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ging ihm der Vortheil des Reiches, wie er ihn verstand, über seinen Glauben. Aber dass alle Dämonen, so stark sie auch waren, vor der Macht des höchsten Gottes nichts vermöchten, ja dass selbst ihre Künste den Zwecken desselben dienen müssten, das hatte die Schlacht an der Milvischen Brücke für Constantin unzweideutig erwiesen. Durch ein Wunder war sein Feind aus den sicheren Mauern Roms herausgescheucht worden, und das Zeichen Christi auf den Schilden seiner Soldaten hatte die übermächtigen Schaaren der Gegner niedergeblitzt. Wer konnte da zweifeln, wem die Ehre des Sieges gebühre? Es heisst, dass Constantin sich, auf das Kreuz gestützt, auf einem öffentlichen Platze der Hauptstadt habe darstellen und durch die Inschrift des Standbildes der Welt verkündigen lassen, dies heilbringende Zeichen habe Rom befreit[1]. Jedenfalls war nach dem Siege eine seiner ersten Regierungshandlungen, dass er die christliche Priesterschaft von allen municipalen Leistungen befreite, ihren Unterhalt auf seine Kasse übernahm und damit das Christenthum unter die anerkannten Staatskulte einreihte[2].

In der seltenen Kette von Glücksfällen, welche diesen Feldzug begleiteten, war es ein neues Glied, dass der Körper des Maxentius nicht von den reissenden Wassern in’s Meer geschwemmt wurde oder unter den Leichenhaufen, welche den Grund des Tiber bedeckten, spurlos verschwand, sondern an der Stelle, wo er versunken war, aufgefischt werden konnte. Sein Anblick überzeugte alle Anhänger des Todten, dass für sie jede Hoffnung vorüber sei[3], und nach Afrika geschickt, eroberte das abgeschlagene Haupt die wichtige Diöcese ohne Schwertstreich für Constantin[4].

  1. Euseb. h. e. IX, 9, 10; X, 4, 16; de laud. Const. 9, 12; vita Const. I, 40. Vgl. V. Schultze, Zeitschr. f. Kirchengesch. VII, S. 343 ff.
  2. S. die Urkunden bei Euseb. hist. eccl. X, 6; 7; Cod. Theod. XVI, 2, 1; 2; 7. Die vielfach aufgeworfene Frage, ob Constantin das Christenthum zur Staatsreligion gemacht habe, ist ganz falsch gestellt, da das Alterthum diesen Begriff überhaupt nicht kennt. Eine einheitliche Staatsreligion hatte es in Rom zu keiner Zeit gegeben, sondern nur eine Menge einzelner Staatskulte, deren unterscheidendes Merkmal eben kein anderes war, als dass sie aus öffentlichen Mitteln besorgt wurden. – Ueber das Edict von Mailand habe ich nicht geredet, da ein solches meiner Ueberzeugung nach überhaupt nicht existirt hat. Vgl. Zeitschr. f. Kirchengesch. XII, S. 381.
  3. Eumen. Paneg. IX, 17 ff.; Anon. Vales. 4, 12.
  4. Nazar. Paneg. X, 32.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_321.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)