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zurückgetrieben[1]. Dort war man jetzt zu entmuthigt, um eine Entscheidung im freien Felde zu wagen. Die Truppen, welche noch in der Umgegend der Stadt zerstreut lagen, wurden hinter ihren Mauern zusammengezogen und alles zum Aushalten einer Belagerung vorbereitet.

Da Keiner dies vorausgesehen hatte und Verona nur als Durchgangsstation für das Ueberschreiten der Brennerstrasse hatte dienen sollen, konnten dort kaum so grosse Vorräthe aufgehäuft sein, um ein ansehnliches Heer längere Zeit zu erhalten. Aber da die Stadt auf beiden Ufern der Etsch liegt und die Angreifer nur das rechte hatten besetzen können, vermochte man von der andern Seite noch eine Zeitlang Korn in die Mauern zu bringen. Endlich gelang es Constantin, bei Nacht die Hälfte seines Heeres überzusetzen und den Feind gänzlich einzuschliessen, doch waren jetzt die beiden Theile seiner Truppen durch den reissenden Strom getrennt und konnten sich bei Ausfällen der Belagerten nicht unterstützen. Trotzdem wurde ein grosser Angriff siegreich zurückgeschlagen; aber bald darauf schlich sich Ruricius mit einer kleinen Schaar durch den Ring der Feinde, um Entsatz herbeizuholen. Mit einer bedeutenden Macht kehrte er wieder; wahrscheinlich waren es die Vortruppen, welche den Brenner schon überschritten und bis dahin von der Bedrängniss ihrer Genossen nichts gewusst hatten. Constantin sah sich vor die Alternative gestellt, entweder die Einschliessung von Verona zu lösen, und indem er der halbausgehungerten Stadt eine neue Verproviantirung erlaubte, die Frucht langer Kämpfe zu verlieren, oder mit der geringen Truppenzahl, welche vor den Mauern entbehrt werden konnte, dem weit überlegenen Feinde entgegenzuziehen. Kühn wie immer wählte er das Zweite. Erst am späten Nachmittage traf er auf Ruricius und beeilte sich, die dargebotene Schlacht anzunehmen. Verlief sie ungünstig, so erlaubte ihm wohl die Nacht, sie abzubrechen und von Verona her Verstärkungen heranzuziehn. Anfangs hatte er eine doppelte Schlachtreihe gebildet, doch als er wahrnahm, dass der Feind ihn auf beiden Seiten weit überflügelte, zog er auch seine Reserven in’s erste Treffen. Er selbst kämpfte mit Löwenmuth unter den Vordersten, und die Soldaten liessen ihren Kaiser nicht im

  1. Nazar. Paneg. X, 25.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_309.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)