Seite:De DZfG 1892 07 286.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und hat auch die nächsten fünf Jahre an dieser passiven Rolle, die seiner feurigen Natur so wenig entsprach, entschlossen festgehalten. Und während dieser ganzen Zeit, d. h. so lange noch ein älterer Augustus als er selbst vorhanden war, hat er sich nicht einmal das Recht einer selbständigen Gesetzgebung angemasst, sondern diese Prärogative in hochherziger Bescheidenheit immer demjenigen überlassen, welchem sie nach dem Diocletianischen System zukam[1]. In dem damaligen Stadium seiner politischen Entwicklung wünschte er also die Alleinherrschaft noch gar nicht, sondern betrachtete die Mitregentschaft als eine Nothwendigkeit.

Um diese in eine geregelte und Dauer versprechende Form zurückzuführen, war es vor allem nöthig, dass Maxentius, welcher der jüngste der Augusti war, aber nach seinen neuesten Erfolgen sich weniger denn je einer Autorität fügen wollte, endlich zur Vernunft gebracht werde. Dieser Aufgabe unterzog sich Maximian. Besass er doch, wie er meinte, in der Treue seiner alten Truppen, die sie durch den Abfall zu seinem Sohne bewiesen hatten, nöthigen Falles auch die Macht zu befehlen, wo er kein gutwilliges Nachgeben fand[2]. Der Uebermuth des Maxentius war so hoch gestiegen, dass er seinem Vater nicht einmal die leere Höflichkeit erwiesen hatte, das Consulat, welches dieser kürzlich mit Constantin gemeinsam angetreten hatte, in Rom verkündigen zu lassen[3]. Dem alten Kaiser die Aufnahme zu versagen, wagte er zwar nicht, doch musste dieser gleich von Anfang an wahrnehmen, dass er entweder gar keinen oder nur zögernden Gehorsam fand. Eine Zeitlang versuchte er es, die Rolle des obersten Augustus, wie Constantin sie ihm zugetheilt hatte, in Rom zu spielen, das als Mittelpunkt des Reiches für ihn ja die gegebene Residenz schien; doch bald überzeugte er sich, dass sein Sohn am wenigsten zu ihrer Anerkennung geneigt war. Keine Unterhandlung mit ihm wollte zum Ziele führen, und in Kurzem stieg die Erbitterung zwischen dem heftigen und anspruchsvollen Greise und seinem Sprössling, der ihm leider nur zu ähnlich war, bis zum höchsten Gipfel.

  1. Zeitschr. f. Rechtsgesch. X S. 177 ff.
  2. Lact. de mort. pers. 28.
  3. Dies beweist die Liste des Chronographen S. 67 und De Rossi, Inscript. christ. urbis Romae I, 29; 30.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_286.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)