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hinter den Mauern von Ravenna Schutz suchen[1]. Die Festung war auf der Landseite durch ausgedehnte Sümpfe gegen jeden Angriff gesichert und beherrschte durch die Flotte, welche hier stationirt war, zugleich das Meer, so dass es den Eingeschlossenen an der nöthigen Zufuhr nicht fehlen konnte. Mithin durfte Severus hoffen, sich so lange gegen die Belagerer zu halten, bis sein Mitaugustus zum Entsatz heranrücke.

Als Maxentius die erste Nachricht erhielt, dass Severus auf Rom ziehe, musste ihm seine Lage so gut wie hoffnungslos erscheinen. Obgleich er sich durch trotzigen Hochmuth auch seinem Vater längst verhasst gemacht hatte[2], meinte er doch in diesem den einzig möglichen Retter zu erblicken. So sandte er ihm denn ein Purpurgewand und forderte ihn auf, die Herrschaft aufs neue zu ergreifen und kraft seiner alten Autorität dem Severus Einhalt zu gebieten[3]. Dem rührigen Greise war die Unthätigkeit längst unerträglich geworden; seine Abdankung hatte er schon oft bitter bereut, doch war zunächst der alte Respect vor seinem früheren Mitregenten in ihm noch zu mächtig, als dass er sie ohne dessen Zustimmung rückgängig zu machen wagte. Als auf dem Landgute in Süditalien[4], wo er in missvergnügter Ruhe seine Tage hinschleppte, die Boten seines Sohnes anlangten, nahm er den Purpur aus ihren Händen nicht ohne Weiteres an, sondern schrieb zuerst an Diocletian und stellte ihm vor, in welche Verwirrung das Reich durch ihre Abdankung gestürzt sei und wie nur ihre gemeinsame Rückkehr auf den Thron ihm die Ruhe wiedergeben könne[5]. Ohne die Antwort abzuwarten, eilte er dann nach Rom, wo er einstweilen noch als Privatmann für die Rettung seines Sohnes zu wirken gedachte[6].

  1. Lact. l. c. 26; Anon. Vales. 4, 9; Zos. II, 10, 1; Eutrop. X, 2, 4; Vict. Caes. 40, 7.
  2. Lact. l. c. 18; Vict. epit. 40, 14.
  3. Lact. l. c. 26; Anon. Vales. 4, 10.
  4. Nach Lact. l. c. 26 lag es in Campanien, nach Zos. II, 10, 2; Zon. XII, 32; Eutr. IX, 27, 2; X, 2, 3 in Lucanien. Wahrscheinlich befand es sich an der Grenze der beiden Provinzen. Wenn Eumenius (Paneg. VI, 11) von einem Suburbanum spricht, so beruht dies wohl nur auf der geringen Kenntniss des Galliers von der Italischen Chorographie.
  5. Eutrop. X, 2, 3; Zon. XII, 33.
  6. Eumen. Paneg. VI, 10: cum ad sedandos animos auctoritatem privati principis adtulisses.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_276.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)