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sich wohl schon früher verbreitet; man hatte die Entscheidung des Galerius mit Spannung erwartet, und als sie jetzt bekannt wurde, zweifelte keiner, dass der Augustus nur widerwillig und durch Furcht vor seinen eigenen Soldaten gezwungen die Anerkennung der vollendeten Thatsache ausgesprochen habe. Da die Rechte des einen Kaisersohnes sich hatten durchsetzen können, hefteten sich die Erwartungen der Unzufriedenen alsbald an den zweiten Jüngling, dem sein Blut mindestens ebenso hohe Ansprüche verlieh. Schnell bildete sich eine Verschwörung unter den Officieren der städtischen Truppen, der wohl auch der Präfect nicht ganz fern stand. Abellius, dessen Widerstand man befürchtete, wurde ermordet[1], und Volk und Soldaten, welche einer Anreizung kaum bedurft hatten, tobten in wildem Aufruhr[2]. Ein Prätorianerhaufe zog auf die Labicanische Strasse hinaus, in deren Nähe das Landgut, welches Maxentius zum Aufenthaltsorte gewählt hatte, gelegen war[3]. Sechs Millien von Rom entfernt, in einem städtischen Meierhofe traf man den Prinzen an[4], bekleidete ihn mit dem Purpur und rief ihn zum Augustus aus[5]. Dies geschah am 28. October 306, kaum drei Monate, nachdem die Rechte des kaiserlichen Blutes in Brittannien ihre erste Anerkennung gefunden hatten[6].

Marcus Aurelius Valerius Maxentius war um das Jahr 279

  1. Zosim. II, 9, 3; Lact. de mort. pers. 26.
  2. Vict. Caes. 40, 5.
  3. CIL. XIV, 2825; 2826.
  4. Eutrop. X, 2, 3; Vict. epit. 40, 2.
  5. Lact. l. c.; Zonar. XII, 32; Socr. I, 2.
  6. Nach Eumen. Paneg. IX, 16 und Lact. de mort. pers. 44 hat Maxentius an demselben Tage, an welchem er zum Kaiser ausgerufen war, sechs Jahre später den Tod gefunden. Die Schlacht an der Milvischen Brücke fand nach CIL. I S. 352 am 28. Oct. statt. Diesem urkundlichen Zeugniss gegenüber kommt der Irrthum des Lactanz, welcher den 27. Oct. nennt, nicht in Betracht, namentlich da er sich mit dem zweiten Irrthum verbindet, dass die Regierung des Usurpators auf fünf statt auf sechs Jahre angesetzt ist. Den Ausgleichungsversuch Mommsen’s (CIL. I S. 405) halte ich hier nicht für gelungen. Lactanz ist zwar eine ganz vorzügliche Quelle für alles, was die Orientalische Reichshälfte, namentlich Bithynien und seine Nachbarprovinzen, betrifft, aber in der Geschichte des Westens wimmelt seine Darstellung von den gröbsten Fehlern. Es ist besser, dies einfach anzuerkennen, als durch gezwungene Interpretationen das Richtige in ihn hineinzucorrigiren.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_272.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)