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wurden[1], und ein dumpfer, angstvoller Ingrimm gährte in den Gassen der Millionenstadt.

Auch in der kleinen Schaar von Soldaten, die in ihren Mauern zurückgeblieben war, herrschte, obgleich sie von jenem Unheil nicht betroffen wurden, doch keine bessere Stimmung. Die Prätorianer waren als Leibwache des Herrschers gedacht und hatten nur desshalb ihre Quartiere in Rom, weil hier seine ständige Residenz war. Seit die Kaiser in den Provinzen hausten, hätte ihnen auch die Garde dorthin folgen müssen. Diocletian hatte ihre Zahl vermindert[2], scheute aber vor ihrer Abberufung zurück, vielleicht weil er der Lösung des Kaiserthums von der weltgebietenden Stadt keinen so schroffen und unzweideutigen Ausdruck geben mochte[3], vielleicht auch weil er zur Bändigung der ungeheuren Volksmenge, welche sich nur zu leicht zu Tumult und Aufruhr fortreissen liess, eine ansehnliche Truppenmacht für erforderlich hielt. Galerius hatte Rom nie gesehn[4] und war mit den dortigen Verhältnissen gänzlich unbekannt; dem logischen Schlusse, dass der Soldat die Grenzen zu vertheidigen habe und folglich auch an die Grenzen hingehöre, nicht in das Centrum friedlicher Landschaften, stand also bei ihm kein hinderndes Bedenken im Wege. So hatte er beschlossen, das Prätorianerlager aufzulösen; der grösste Theil der Truppen war bereits weggerückt und der kleine Rest erwartete die Ordre dazu[5]. Der verwöhnten Soldaten, welche an allen öffentlichen Spenden, an allen Freuden des Circus und Amphitheaters ihren vollen Antheil gehabt hatten, harrte jetzt im besten Falle die Langeweile eines kleinstädtischen Garnisondienstes, vielleicht gar ein elendes Barackenlager an den kalten Ufern der Donau. Um dies Schicksal abzuwenden, wären sie zu jeder Tollkühnheit bereit gewesen; doch schien bei ihrer sehr geringen Zahl diese Stimmung keine ernste Gefahr zu drohen.

Auch der höchste Magistrat der Stadt gesellte sich, wie es

  1. Lact. de mort. pers. 26.
  2. Vict. Caes. 39, 47.
  3. Dass man im Jahre 289 die Trennung des Kaisers von der Reichshauptstadt noch nicht als definitiv betrachtete, zeigt Eumen. Paneg. II, 13 ff., vgl. III, 12. Die praetoriani, welche Lact. de mort. pers. 12 in Nicomedia erwähnt, sind die Officialen des Präfectus Prätorio.
  4. Lact. l. c. 27.
  5. Lact. l. c. 26.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_270.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)