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Hingegen beträgt bei den Oberrealschulen die Gesammtmehrung 2 Stunden (Dt. + 4, G. u. Erdkde. − 2).

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In den „Lehraufgaben“ ist zunächst von Wichtigkeit, dass die alte G. auch in den unteren Classen nicht, wie zu fürchten war, ganz zurückgedrängt ist. Bilden doch in Quinta die „Erzählgn. aus der sagenhaften Vor-G. der Griechen u. Römer“ den einzigen Gegenstand des G.- Unterrichts.

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Aus den „methodischen Bemerkungen“ zu den neuen Lehrplänen möchten wir folgenden Passus hervorheben:

„Besonders sicheren Tact und grosse Umsicht in der Auswahl und Behandlung des einschlägigen Stoffes erheischt die für Untersecunda und Oberprima geforderte Belehrung über wirthschaftl. u. gesellschaftl. Fragen in ihrem Verhältniss zur Gegenwart. Je mehr hiebei jede Tendenz vermieden, vielmehr der gesammte Unterricht von ethischem und geschtl. Geiste durchdrungen und gegenüber den socialen Forderungen er Jetztzeit auf die geschichtl. Entwicklung d. Verhältnisses der Stände untereinander und der Lage des arbeitenden Standes insbes. in objectiver Darstellung hingewiesen, der stetige Fortschritt zum Besseren und die Verderblichkeit aller gewaltsamen Versuche der Aenderung socialer Ordnungen aufgezeigt wird: um so eher wird bei dem gesunden Sinn unserer Jugend es gelingen, dieselbe zu einem Urtheil über das Verhängnissvolle gewisser socialer Bestrebungen der Gegenwart zu befähigen.
Indem an der Hand der G. die socialpolit. Massnahmen der Europäischen Culturstaaten in den beiden letzten Jhh. vor Augen geführt werden, ist der Uebergang zur Darstellung der Verdienste unseres Herrscherhauses auf diesem Gebiet bis in die neueste Zeit herab von selbst gegeben.
Selbstverständlich ist, dass solche Belehrungen in Untersecunda der Stufe entsprechend knapp und mehr thatsächlich, in Oberprima aber ausgedehnter und mehr pragmatisch zu behandeln sind.“

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Diese ein wenig geschraubten Bemerkungen scheinen uns ein Compromiss darzustellen zwischen dem von aussen wirkenden Anstoss zu einschneidenden Aenderungen und der Widerstandskraft einer noch lebendigen Tradition. Ueber die ursprünglich sehr deutlich auftretende Absicht, den Unterricht direct politisch verwerthen zu wollen, haben wir uns früher zur Genüge ausgesprochen (s. ’90, 262–8 u. ’91, 219–41). Diese Absicht hat sich offenbar erhebliche Milderungen gefallen lassen müssen: im Interesse der Schule hat man sich dessen erinnert, dass der G.-Unterricht jede Tendenz zu vermeiden, dass er, von geschichtlichem Geiste durchdrungen, objectiv darzustellen hat. Immerhin blickt der ursprüngliche Gedanke noch durch. Ob er von wesentlicher Bedeutung für den Inhalt des Unterrichts werden wird, hängt von den ausführenden Organen ab; denn es fragt sich, wie man im Einzelnen die Pragmatik auslegen soll; die methodischen Bemerkungen sind in diesem Punkte recht unklar. Bis auf weiteres aber wird man wohl annehmen dürfen, dass der Ansturm einer politisch tendenziösen Reform vorläufig abgeschlagen wurde, die Widerstandskraft des wissenschaftlichen Geistes aber unter dem Einfluss der Zeitereignisse gewachsen ist.

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Im Anschluss hieran verdient noch eine Notiz Erwähnung, die zur Zeit der letzten Versammlung der Reichsschulcommission (Mitte Sept. in München) durch die Blätter ging: „Wie man hört, beabsichtigt die Preuss. Regierung auf die directe Veranlassung des Kaisers in der Maturitätsprüfung

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_169.jpg&oldid=- (Version vom 30.6.2023)