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kurz zuvor[1] von den Verhandlungen, die der frühere Französische Gesandte in London, Seneterre, seit 1635 mit den rebellirenden Schotten im Auftrage Richelieu’s pflog, erzählt und die Conferenzen des Grafen d’Estrades mit den Schotten, wie sie in seinen Lettres erwähnt werden, der Motteville ein neuer Beweis für die Urheberschaft und Theilnahme Richelieu’s am Schottischen Aufstande, welche die Königin von England, die Motteville; und eine verbreitete Tradition[2] als gewiss annahmen, sein mussten.

Mme. de Motteville hat die Briefe des Grafen d’Estrades in der älteren, ursprünglichen Fassung, wie sie neuerdings von Salomon[3] in den Egerton Papers aufgefunden und veröffentlicht worden ist, gelesen. In dieser fehlen die Abschnitte der Briefe, welche die Unterhandlungen des Grafen mit den Schotten und die beabsichtigte Sendung des Almosenier von Richelieu, Chambres, nach London zur Fortsetzung der Verhandlungen enthalten, gänzlich. Diese Redaction hat der Fälscher der Briefe, natürlich Estrades selber, der Motteville gezeigt. Die vage Tradition einer Feindschaft Richelieu’s gegen das Englische Königshaus bestand, ohne Beweise. Diese hat in ihrer Unsicherheit Estrades in seine [ursprüngliche] Fälschung hineingebracht: wir sehen hier den Cardinal voll Erbitterung gegen die Englische Königsfamilie, aber von einem thätlichen Vorgehen des Ministers verlautet nichts[4]. Sah man doch in allen Wirren ausserhalb Frankreichs die Hand des gewaltigen Cardinals.

Die Fälschungen des Grafen scheinen auch noch anderen Bekannten von ihm vorgelegen zu haben. Joachim Wicquefort zeigt in seiner „Histoire des Provinces-Unies des Païs-Bas“[5] eine detaillirte Kenntniss der Vorgänge, die sich bei der angeblichen Gesandtschaft des Grafen d’Estrades in London ereignet haben; sie deckt sich mit dem Inhalt der Egerton-Redaction der Briefe: von den mit den Schotten angesponnenen Verhandlungen weiss er, wie die Motteville, nichts. Wicquefort ist der vertraute Freund von Estrades gewesen: sollte nicht dieser selbst sein Gewährsmann gewesen sein?

Sir William Temple hat in seinen Memoiren[6] einen Bericht über die Sendung des Grafen d’Estrades nach London 1637, der mit seinen

  1. Collect. des mém. a. a. O. XXXVIII p. 93.
  2. Vgl. Salomon a. a. O. p. 7 f.
  3. Salomon p. 44.
  4. Zwei spätere Stellen in den Lettres (auf p. 57 u. p. 61) weisen auch darauf hin, dass in den gefälschten Lettres von 1637 und Anfang 1638 ursprünglich nichts von einer beabsichtigten Verbindung Richelieus mit den Schotten gestanden hat.
  5. Hrsg. von Lenting, Amsterdam 1861. I p. 49.
  6. Memoirs of the Life etc. of Sir William Temple. London 1770. II, 544 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_149.jpg&oldid=- (Version vom 5.2.2023)