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der König seine Mutter durch einen Curier nach Paris berief und diese ihre sofortige Rückkehr zusagte. Von dieser Friedenspartei hatte übrigens der Nuntius eine sehr üble Meinung. Graf Retz und dessen Freunde, sagt er, „ziehen den Bürgerkrieg vor, da sie wissen, dass, wenn man jetzt mit Spanien bricht, nicht ihnen alle grossen Aemter zufallen werden; denn ein jeder lässt sich nur von seinem Interesse leiten[1]. Salviati war also auch zu der Anschauung gelangt, die Karl IX. und dessen Mutter schon unmittelbar nach dem Frieden von St. Germain ausgesprochen hatten: dass der religiöse Zwist weit mehr aus persönlichem Ehrgeiz, als aus verschiedener Ueberzeugung hervorgehe[2].

Die schleunige Rückkehr Katharinens erwies sich als dringend nothwendig. Der Admiral, der klar erkannte, dass die Stunde der Entscheidung gekommen sei, gab sich alle erdenkliche Mühe, den König doch noch zu kriegerischem Entschlusse zu bewegen; und wirklich hatte er lange nächtliche Zusammenkünfte mit den vier Staatssekretären, was nicht ohne Zustimmung des Herrschers geschehen konnte. Die Dinge lagen also noch misslich genug für die Erhaltung des Friedens: allein der Nuntius suchte die Regentin sogleich nach ihrer Ankunft in Paris auf und dieser gelang es in der That, den König umzustimmen, der schon bereit gewesen war, sich auf Abenteuer einzulassen. Aber so sehr Salviati auch mit dem augenblicklichen Verhalten Katharinens zufrieden war, er machte sich über die Beweggründe, die allein sie dabei leiteten, keine Illusionen. Es handelte sich für sie darum, erstens einen Kampf zu vermeiden, den sie unter den damaligen Verhältnissen für verderblich hielt, und zweitens die Herrschaft über ihren Sohn, den König, nicht endgiltig an den Admiral zu verlieren. „Aber andrerseits“, meint der Nuntius, „glaube ich zu bemerken, dass selbst diese Frau anders denkt als unser Herr [der Papst]; denn sobald sie sich in der Regierung befestigt sieht und die Angelegenheiten des Reiches wie ihre eigenen behandelt, freut sie sich der Widrigkeiten Andrer wegen des Machtzuwachses, der für sie daraus erfolgt, und hält es für eine vortreffliche Sache, dass die Unruhen in den Niederlanden fortdauern und dieses Land sich zu Grunde richtet. Daraus folgt, dass sie, unter

  1. Chiffr. Dep. desselben, v. 1. Aug.; ebendaselbst: „ciascuno movendosi per suo interesse“.
  2. S. oben Seite 114.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_129.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2023)