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die Statthalterschaft von Avignon dem Cardinal von Bourbon zu übertragen. Aber er unterliess es, in Anbetracht der Gefahren dieser traurigen Zeiten, wo die Ketzerei alles zu ergreifen droht, und weil „der Cardinal von Bourbon eine schwache Persönlichkeit ist und sich selbst nicht zu regieren vermag“[1]. Wahrlich, ein scharfes Urtheil über einen Mann, den ein Menschenalter später die eifrig katholische Partei als Karl X. auf den Französischen Thron berufen hat! Pius IV. trug auch keinerlei Bedenken, selbst einen Aufstand gegen die Königin-Mutter zu begünstigen, als diese, nach dem Blutbade von Vassy, Miene machte, sich auf die Seite Condé’s, der Hugenotten und der Gemässigten zu schlagen. Am 2. Juni 1562 ging an Ferrara die Weisung ab: „Eure erlauchte Herrlichkeit mögen dem Herzog von Guise, dem Connetable und dem Marschall St. André, – den bekannten „Triumvirn“, – sowie den andern guten Katholiken sagen, dass, wenn die Dinge von der Königin nicht in die angemessene Richtung gelenkt, das heisst alle Ketzer durchweg fortgejagt werden, ohne ein Pflästerchen aufzulegen und zwei Religionen zu dulden, Se. Heiligkeit bereit ist, mit aller ihrer Kraft diejenigen zu begünstigen und zu unterstützen, die gute Katholiken sein wollen, und unter denen, wie wir wissen, die genannten Herren die hervorragendsten sind“[2].

Nur gezwungen traten damals Katharina und der junge Karl IX. zu den katholischen Eiferern hinüber. Die letzteren täuschten sich darüber nicht und wussten ihnen wenig Dank für ihre Haltung. „Seit meiner Kindheit“, schreibt noch 1572 aus Paris der Pater Panicarola, „habe ich die Königin-Mutter öffentlich eine Begünstigerin der Ketzerei nennen hören. Sie und ihr Sohn waren so weit gediehen, dass man im Zweifel sich befand, ob sie nicht selbst Ketzer wären“[3]. Es ist eine höchst bezeichnende Thatsache, welche die von Marcks gewonnenen Ergebnisse bekräftigt, dass die berühmte Zusammenkunft von Bayonne zwischen dem Französischen Hofe sowie der Königin von Spanien und dem

  1. „Essendo il Carle di Bourbon persona debole e di poco governo per se stesso“; ebendaselbst.
  2. Ebendaselbst.
  3. Vatican. Arch., Armar. 64, vol. 31; Copia d’una lettera del Padre Panicarola, da Parigi, 26. d’agosto 1572: „Il Re et la madre, come V. S. sa, erano venuti a tale, che si dubitava, se fossero heretici. Et io da fanciullo ho sentito publicamente nominare la Regina fomentatrice d’heresie“.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_110.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)