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und Serapis gern ihren Platz einräumte. Erschien ihr opferloser Dienst ihm neu und seltsam, so that dies nichts zur Sache; mussten doch dem Germanen die Römischen und Syrischen, Persischen und Aegyptischen Culte, welche das vielsprachige Lager erfüllten, nicht minder fremdartig sein. Wenn jene neuen Götter nur das Heer zum Siege führten! So schützte die unendliche Toleranz des Heidenthums den Kaiser vor seinen Soldaten. Dass der Christengott all ihren alten Göttern den Tod geschworen habe, wussten sie wohl kaum; jedenfalls durften sie nicht daran erinnert werden. Wenn man die Ehrlichkeit von Constantins Religionswechsel bezweifelt hat, weil er die heidnischen Bräuche auch weiter duldete, ja zum Theil selbst mitmachte[1], so verkennt man die Zwangslage, in welcher der Kaiser sich befand. Als er nach dem Sturze des Licinius sich seiner Herrschaft sicher fühlte, da verschwanden die Götterbilder von den Münzen, mit welchen er seine Söldner bezahlen musste[2], und endlich schritt er sogar zu einem Verbot der heidnischen Culthandlungen[3], das er freilich niemals in vollem Ernste durchzuführen wagte.

Die Eltern Constantins waren beide Heiden gewesen, doch scheinen sie von dem Einfluss des Christenthums, der damals ja schon die niedrigsten und die höchsten Kreise durchdrang, nicht unberührt geblieben zu sein. Als Diocletians Verfolgungsedict erging, liess sich Constantius wohl zum Niederreissen der Kirchen bereit finden, aber die Bekenner der neuen Religion an

  1. Zos. II 29, 3.
  2. Auf den Münzen derjenigen Caesaren, welche erst nach dem Sturze des Licinius ernannt wurden, Constantius, Constans, Dalmatius und Hannibalianus, fehlen die Götterbilder, auf denen der früheren, Crispus und Constantinus, kommen sie noch mitunter vor. Vgl. Brieger, Zeitschr. f. Kirchengesch. IV S. 176. Auch Zosimus II 29 setzt den Umschlag in Constantins Religionspolitik in die Zeit nach der Besiegung seines letzten Gegenkaisers.
  3. Euseb. laud. Const. 8; vit. Const. II 44; 45; III 55–58; IV 23; 25. Diese Angaben des Eusebius hätten nicht angezweifelt werden dürfen, da sie Cod. Theod. XVI 10, 2 die vollste Bestätigung finden. Die Privilegirung der sacerdotales und flamines perpetui (Cod. Theod. XII 5, 2) ist kein Gegenbeweis, denn diese waren weiter nichts als die Vorsitzenden der Provinciallandtage. Ursprünglich hatte ihnen zwar auch die Besorgung des Kaisercultus obgelegen, aber auch als diese Functionen längst aufgehört hatten, behielten sie den priesterlichen Titel aus alter Gewohnheit bei. Es finden sich daher Sacerdotalen und Flamines, die sich in ihren Inschriften ausdrücklich Christen nennen. Schultze, ZKG. VII S. 369.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_096.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)