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so entschied die Stimme des älteren Augustus; im Uebrigen sollten sie als vollkommen gleichberechtigt gelten[1].

Nachdem dem Ehrgeiz Maximians so Genüge geschehen war, bewährte sich die Doppelherrschaft vortrefflich. Er respectirte die geistige Ueberlegenheit seines Genossen und zeigte sich ihm in jedem Stücke gehorsam[2]. Die Macht Diocletians über ihn befestigte sich so sehr, dass dieser später den herrschsüchtigen Mann zweimal zum Niederlegen der Krone vermögen konnte. Dazu bewies er in manchem schweren Germanenkriege seine militärische Tüchtigkeit und ergänzte so auf’s Glücklichste den Mangel des älteren Mitregenten.

Wie Leute seines Schlages pflegen, hatte Diocletian die Neigung, aus einmaligen Erfahrungen sogleich allgemeine Principien abzuleiten. Da durch ein treffliches Zusammenpassen der Charaktere, wie es in der Welt nicht oft vorkommt, sich das Doppelregiment bequem für ihn und heilsam für das Reich erwies, so stand es ihm schon nach kurzer Zeit fest, dass dies die einzig zweckentsprechende Form des Kaiserthums sei und daher verewigt werden müsse. Selbst wenn man dies zugab, wäre doch das Angemessenste gewesen, ruhig den Tod des einen Herrschers abzuwarten und dann dem andern die Wahl desjenigen Mitregenten, mit dem er sich am Besten vertragen zu können meinte, frei zu überlassen. Doch zuwarten und den Dingen ihren natürlichen Lauf lassen war nicht die Art Diocletians, der immer selbst die Hand im Spiele haben, alles vorsehen und einrichten wollte. Auch war die Furcht nicht ganz unbegründet, dass wenn der eine Augustus fern dem andern starb, die Soldaten, der unmittelbaren Aufsicht des Herrscherauges entzogen, einen Usurpator aufstellen könnten, ehe der neue Mitregent ernannt war[3]. So beschloss denn Diocletian zwei Reservekaiser zu schaffen, die in die Lücke, sobald sie entstand, der eine im Westen, der andere im Osten eintreten sollten. Da ausserdem sich die militärischen Aufgaben in der letzten Zeit vermehrt hatten, musste es erwünscht sein, wenn man zwei weitere Feldherrn, die nicht Privatleute

    dem Beginn der Christenverfolgung den Rath des Maximian und Constantius nicht eingeholt habe. Dass dies ausdrücklich als Ausnahme hervorgehoben wird, lässt auf die Regel schliessen.

  1. Eumen. paneg. II 9; III 6; 11.
  2. Lact. de mort. pers. 8; 18; Vict. Caes. 39, 29; Eutrop. IX 27, 1, Julian. Caes. p. 315 B; or. I p. 7 A.
  3. Vgl. Lact. de mort. pers. 17.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_066.jpg&oldid=- (Version vom 30.1.2023)