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als Bruder und gleichberechtigten Mitregenten anerkennen oder dessen Usurpation durch einen Bürgerkrieg rächen wolle. Er war besonnen genug, das erstere vorzuziehen[1], aber fast drei Jahre lang blieb eine bedenkliche Spannung zwischen den beiden Herrschern bestehen, und es schien nicht ausgeschlossen, dass sie bei passender Gelegenheit mit den Waffen um die Alleinherrschaft streiten könnten[2].

Diese Gefahr wurde im Winter 288/89 beseitigt. Von Osten und Westen kamen die Kaiser in Mailand zusammen und regelten in friedlichen Besprechungen endgiltig ihr gegenseitiges Verhältniss[3]. Das Reich wurde nicht etwa zwischen ihnen getheilt[4], sondern alle Gesetze und Verordnungen erschienen unter dem Namen beider, und jeder behielt sich vor, auch persönlich an jedem Orte einzugreifen, wo seine Anwesenheit nöthig oder wünschenswerth sein könne. So hat Diocletian, gleich nachdem er Mailand verlassen hatte, einen Krieg in Rätien geführt[5], das, wenn eine Theilung stattgefunden hätte, zweifellos zur westlichen Hälfte hätte gehören müssen, und später commandirte Maximian gegen die Carpen in Pannonien[6], das dem Osten des

  1. Dass die offizielle Anerkennung als Augustus dem Maximian schon 286 gewährt wurde, beweist CIGr. II 2743.
  2. Die Erhebung Maximians zum Augustus. Commentationes Woelfflinianae S. 31 ff.
  3. Eumen. paneg. II 9; III 2; 4; 8 ff. Ueber die Zeit der Zusammenkunft s. Jahrbb. f. class. Philol. 1888 S. 717.
  4. Eumen. paneg. II 11; 13; III 6.
  5. Eumen. paneg. II 9; III 7.
  6. Der Carpenkrieg war nach Eumen. paneg. V 5 später, als die Besiegung des Achilleus in Aegypten. Der Beginn von dessen Aufstand wird durch das Aufhören von Diocletians Alexandrinischer Prägung bezeichnet, welches nach den Jahreszahlen der Münzen zwischen dem 29. Aug. 295 und dem 28. August 296 eintrat. Eine noch genauere Zeitbestimmung ergibt sich aus dem Folgenden. Es finden sich von Achilleus gar keine Münzen mit seinem uns durch die Historiker überlieferten Namen, wohl aber von einem L. Domitius Domitianus, von dem kein Geschichtschreiber etwas weiss. Da auch dieser nur in Alexandria gemünzt hat, auf dessen Umkreis sich das Reich des Achilleus beschränkte, hat man ihn längst mit letzterem identificirt. Denn dass er in die Zeit Diocletians gehört, ergibt sich mit Sicherheit aus der Fabrik der Münzen. Offenbar hat der Usurpator seinen Freigelassenennamen Achilleus ebenso mit dem vornehm klingenden Römischen vertauscht, wie auch sein Gegner aus einem Diocles zum Diocletianus und einer von dessen Nachfolgern aus einem Daja zum Maximinus wurde. Es ist ganz natürlich, dass die späteren Historiker,
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_064.jpg&oldid=- (Version vom 30.1.2023)