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Mitregentschaft, der ihm den Thron sichern und zugleich dem Reiche ein dauerndes Kaiserthum wiedererschaffen sollte.

Diocletian besass keinen Sohn und durfte bei seinem hohen Alter auch keinen mehr erwarten; die Gründung einer Dynastie, welche für das Reich ein dringendes Bedürfniss war, liess sich also nur auf dem Wege der Adoption erreichen. Vollzog er sie gleich, so konnte er sich nicht nur einen Thronerben für den Todesfall, sondern auch einen Helfer und zuverlässigen Feldherrn bei Lebzeiten schaffen. Hatte es doch schon der erste Augustus ebenso gemacht, indem er zuerst dem Agrippa, dann dem Tiberius einen Theil seiner ausserordentlichen Gewalten übertragen liess, und viele seiner Nachfolger hatten dieses Beispiel befolgt. In der Umgebung Diocletians befand sich ein sehr viel jüngerer Mann[1], der Pannonier[2] Marcus Aurelius Maximianus, der mit dem Kaiser das Datum des Geburtstages gemein hatte[3]. Der alte Landsknecht, der, wie alle seines Standes, höchst abergläubisch war[4], mochte darin einen Wink der Götter sehen, dass ihrer beider Schicksal an einander gefesselt sei[5]. Auch Maximian war aus der Hefe des Volkes durch den Kriegsdienst emporgekommen[6]; auch er war so ungebildet, dass, schon als er Kaiser war, ein Lobredner in öffentlicher Festversamralung ihn fragen durfte, ob er schon etwas von Hannibal und Scipio gehört habe[7]. Im Uebrigen aber besass er gerade die Eigenschaften, welche Diocletian an sich vermisste. Eine leidenschaftliche Natur von starker Sinnlichkeit[8] und wild aufbrausendem Jähzorn[9], immer den Impulsen des Augenblicks nachgebend, ohne viel an die Folgen zu denken, war er vielleicht kein Feldherr, aber jedenfalls ein tüchtiger Haudegen, der die Soldaten zu feurigem Angriff und zu schneller Verfolgung des Sieges mit sich fortzureissen wusste[10].

  1. Eumen. paneg. III 7; VI 9.
  2. Eumen. paneg. II 2; III 3. Vict. epit. 40, 10.
  3. Eumen. paneg. III 1; 2; 19 geminus natalis.
  4. Lact. de mort. pers. 10; 11; Zos. II 10, 5; Vict. Caes. 39, 48; Müller, frgm. hist. Graec. IV S. 198.
  5. Burckhardt, die Zeit Constantins des Grossen. 2. Aufl. S. 41 ff.
  6. Eumen. paneg. II 2; Vict. Caes. 39, 17; 26; epit. 40, 10.
  7. Eumen. paneg. II 8; Vict. Caes. 39, 17; Eutrop. IX 27, 1; X 3, 2.
  8. Lact. de mort. pers. 8; Vict. epit. 40, 10; Caes. 39, 46; Julian. Caes. p. 315 c.
  9. Eutrop. IX 27, 1; X 1, 3; Vict. epit. 40, 10.
  10. Vgl. die Schilderung seiner Kriegsthaten bei Eumen. paneg. II 5 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_062.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2023)