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die Zurufe entgegengenommen hatte, durch welche es die Vorwahl der Offiziere bekräftigte, zog er feierlich sein Schwert aus der Scheide, erhob es zum leuchtenden Antlitz des Sonnengottes und schwur, dass er am Tode Numerian’s unschuldig sei und nie nach der Krone gestrebt habe. Dann wandte er sich zu Aper, der, wie es dem Präfecten zukam, hinter dem Kaiser auf der Tribüne stand, und stiess mit dem Rufe: „Dieser hat den Mord angestiftet!“ den Verdächtigen kurzweg nieder. Der Jubel der zuchtlosen Bande lohnte diese soldatische Justiz[1].

So bestieg am 17. Nov. 284[2] Gajus Valerius Diocletianus zu Nicomedia den Thron. Der Zufall, dass kein höherer Militär ausser dem angeschuldigten Aper sich bei dem Heere befand, hatte ihn erhoben, ein Mord ihm die Weihe gegeben. Und dieselbe Rohheit des Rechtsgefühls, welche seine erste Regierungsthat kennzeichnet, ist ihm auch weiter treu geblieben. Er war nicht grausam aus Lust, wie ein Caligula und Nero – hat er doch sogar bei der Christenverfolgung anfangs jedes Blutvergiessen zu vermeiden gesucht[3] –, aber er scheute auch vor keiner Grausamkeit zurück, wo sie ihm nöthig oder nützlich schien[4]. Seiner soldatischen Vergangenheit entsprechend, die von jeder juristischen Bildung unberührt war, blieb seine Justiz immer hart und unerbittlich wie das Standrecht. Als er im J. 301 den thörichten Versuch machte, für die Preise alles Verkäuflichen einen Maximaltarif aufzustellen, setzte er Todesstrafe darauf, wenn jemand ein Laib Brod zu theuer verkaufte oder zu hoch bezahlte oder auch nur seine Waaren nicht auf den Markt brachte, und thatsächlich wurde sie an vielen vollstreckt, bis er selbst sich überzeugte, dass sein Gesetz sich nicht aufrecht erhalten liess[5]. Unter

  1. Eutrop. IX 20, 1; Vict. Caes. 39, 14; Zon. XII 31. Die Erzählung der Vita Carini 13, 2. Diocletians Handeln sei durch eine Weissagung bestimmt worden, dass er nach Tödtung eines Ebers auf den Thron gelangen werde, ist an sich nicht unwahrscheinlich; nur erregt es Verdacht dagegen, dass die Fälschungen der Historia Augusta sich mit besonderer Vorliebe in Namenspielereien dieser Art bewegen (Dessau, Ueber Zeit und Persönlichkeit der Script. hist. Aug., Hermes XXIV S. 384). In Ermanglung eines minder bedenklichen Zeugnisses wird man sie daher besser auf sich beruhen lassen.
  2. Ueber das Datum s. Jahrbb. f. class. Philol. 1889 S. 634. Rhein. Mus. XLI S. 169.
  3. Lact. de mort. pers. 11; vgl. Euseb. hist. eccl. VIII 4, 4.
  4. Lact. 14; 15; Eutrop. IX 23; 26; 27, 1.
  5. CIL. III S. 826; Lact. 7.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_044.jpg&oldid=- (Version vom 28.1.2023)