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anderen Vorgängen verknüpft. An die von unserem Autor berichtete geheime Abmachung Heinrich’s mit dem Erzbischof Siegfried von Mainz, der zufolge sich beide wechselseitig zu unterstützen versprachen, der eine in Betreff der Scheidung, der andere hinsichtlich der Thüringischen Zehntstreitigkeiten; an die scheinbar folgerichtig durchgeführten Beziehungen beider während des Aufstandes des Markgrafen Dedi glaubt zur Zeit wohl kein Forscher, wie denn auch Meyer von Knonau (S. 615 ff.) ganz davon absieht. Eine befriedigende Erklärung des auffälligen Berichtes Lambert’s ist, abgesehen von dem Hinweis, dass sich seine „Darstellung durch ein Gewirr von Widersprüchen“ von selbst auflöse (M. v. K. S. 663, gestützt auf Ausfeld), noch nicht versucht worden[1]. Eine solche soll durch ein Eindringen in den Gang seiner Combinationen ermöglicht werden.

Wir fragen: Was veranlasst unsern Autor, jene Abmachung zu fingiren? Oder besser gesagt: Was lässt ihm eine solche nothwendig erscheinen? — Lediglich das unerwartete Eingreifen des päpstlichen Legaten Petrus Damiani in die Scheidungsangelegenheit. Unserem Autor, der natürlich nichts von dem Briefe Siegfried’s an den Papst Alexander II. weiss, in welchem der Erzbischof um die Sendung eines Legaten bittet, musste die Ankunft desselben, ähnlich wie dem Altaicher Annalisten, als ein eigenmächtiges Eingreifen des Papstes erscheinen[2]. Selbstverständlich suchten beide, Lambert wie der Altaicher, nach einem Grunde, den sie in einem vom Papste gemissbilligten Einverständnisse Siegfried’s mit dem Könige sahen. Während sich nun der Altaicher seiner schlichten Art gemäss keine weiteren Gedanken über die vermutheten Beziehungen jener zu einander macht[3], gibt sich Lambert nicht so leicht zufrieden und sucht tiefer einzudringen. Die Unterstützung Siegfried’s bedingt, so spinnt er weiter, von Seiten des Königs eine Gegenleistung.

  1. Kubo (p. 31) macht sich die Sache äusserst leicht, wenn er bemerkt: „Seine Gehässigkeit gegen den König und den Erzbischof gibt ihm die Zwischengedanken ein.“
  2. Dieses hebt auch Meyer von Knonau (p. 625 Anm. 1) hervor.
  3. Er erzählt, der Gesandte des apostolischen Herrn habe dem Erzbischof mit schrecklichen Drohungen angekündigt, dass, wenn er der Urheber dieser unrechtmässigen Scheidung würde, er bei Lebzeiten des Papstes niemals mehr des priesterlichen Amtes theilhaftig würde.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_305.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)