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dem nicht ganz der Inhalt, der sehr vieles bringt, was nur für den Fachmann Werth und Interesse haben kann, für den die Aufsätze der Archv. Z. wohl auch in erster Linie geschrieben waren. – In dem histor. Theile hat v. Löher den verdienstlichen Versuch gemacht eine Entwicklung des Dt A.-Wesens von seinen Anfängen bis zur Neuzeit zu geben und es im Zusammenhang mit der allgem. Entwicklung zu schildern. Die Schwierigkeiten dieses Versuchs liegen, wie der Verf. wohl empfunden hat, in dem Mangel an ausreichenden Vorarbeiten. Solange nicht wenigstens alle bedeutenderen Archive in ihrem Entstehen und ihrer Geschichte bekannt sind, solange namentlich nicht auch das ma. A.-Wesen genauer erforscht ist und die vorhandenen Zusammenhänge ermittelt sind, kann jeder derartige Versuch nur ein lückenhaftes Bild der Dinge geben. So ansprechend sich dieser Theil des Löher’schen Buchs auch liest, so viele richtige Gesichtspunkte für die Entwicklung des A.-Wesens hervorgehoben werden, so wird seine besonders auf süddeutschen Archiven fussende geschichtliche Uebersicht doch noch vielfache Berichtigungen und namentlich Ergänzungen erfahren.

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In dem systemat. Theile der Archivlehre berührt die Wärme, von der Verf. für das A.-Wesen erfüllt ist, sein Streben, diesem alten Stiefkinde der Staatsverwaltungen eine gebührende Stellung zu verschaffen, die Weitherzigkeit in Fragen der A.-Benutzung und das Bemühen, den an die Archive zu stellenden begründeten Forderungen gerecht zu werden, sehr wohlthuend. Auch erkennt man, wo es sich um Einrichtung und Verwaltung der Archive handelt, den vor allem auf das Zweckmässige gerichteten Sinn eines Fachmanns. Ob freilich alle hier vorgetragenen Lehren und Anweisungen im einzelnen Falle auch immer praktisch verwendbar sind, darüber wird man zuweilen verschiedener Ansicht sein können. Der Umfang der Archive wird manchen Vorschlag überflüssig, und die zu Gebote stehenden Mittel und Arbeitskräfte werden andere unausführbar machen. Auch leuchtet nicht immer die Nothwendigkeit der Vorschläge ein. Mit behaglicher Ausführlichkeit wird manches geschildert, während anderes nicht minder wichtige nur kurz angedeutet wird. Durch eine strengere Scheidung des Notwendigen von dem bloss Wünschenswerthen und eine gleichmässige Behandlung der Einzelheiten hätte sich das Buch, das doch eine Art Handbuch sein soll, gewiss noch mehr empfohlen. Vielleicht würde von diesem Standpunkte aus auch die Erörterung reiner Verwaltungsfragen etwas eingeschränkt worden sein.

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Ein gewisser subjectiver Zug kennzeichnet die Archivlehre auch sonst und äussert sich vornehmlich in einem starken Hervorheben des Baier. A.-Wesens, dessen Einrichtungen oft als die normalen erscheinen, auch wo der Leser nicht erfährt, dass es sich um Baierische handelt. Nun braucht man die Trefflichkeit des Baier. A.-Wesens und des Verfassers Verdienste um dasselbe gewiss nicht zu verkennen, kann aber doch zweifeln, ob diese Verhältnisse in der Weise als Normen in einer Archivlehre hingestellt werden dürfen, dass man nach ihrem Muster auch anderwärts verfahren müsste. – Wenn ferner Verf. die Aufwendungen Baierns für das A.-Wesen und die Leistungen seiner Archive denen in anderen Staaten statistisch gegenüberstellen wollte, so durfte man bei einem im Jahre 1890 erschienenen Buche

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_199.jpg&oldid=- (Version vom 14.1.2023)