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nachher leicht beseitigen lassen. Die ganze Auffassung wird doch immerhin in eine falsche Bahn gelenkt, und verwirrt. Wozu falsche Vorstellungen künstlich erzeugen, die man nachher wieder zu beseitigen hat?

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Ein geschickter Lehrer mag diese Nachtheile sehr wesentlich mildern können, aber unmöglich ist es ihm dieselben ganz aufzuheben, wenn er nicht kurzen Process machen und in Anwendung dieser hüpfenden Methode die Abschnitte des Buches in umgekehrter Folge vornehmen will. Die Autoren gehen ihm dabei wenigstens insofern mit gutem Beispiel voran, als sie ganz aus ihrer Rolle fallend, ihre chronol. Tabellen nicht rückwärts laufen lassen und einen Stammbaum der Brandenb. Herrscher aufstellen, der ganz altmodisch mit Kurfürst Friedrich I. beginnt und mit den sechs kaiserlichen Prinzen endigt, statt umgekehrt für diese eine Art von „Ahnenprobe“ aufzustellen.

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Die Hauptschwierigkeit bei Anwendung der Methode ist natürlich, dem Schüler stets verständlich zu bleiben. Die Nachtheile der sprunghaften Darstellung suchen die Verfasser durch ganz kurze Orientirungen bei jedem neuen Ausgangspunkt zu überwinden. Dass dabei doch in allen Beziehungen auf Vergangenes für den Schüler eine Menge des Unverständlichen bleibt, ist nicht so sehr den Verfassern als der Methode zur Last zu legen. Man gestatte aber, dass wir den Weg dieser principiellen Erörterungen für eine Weile verlassen und auf Details des vorliegenden Lehrbuches eingehen; die Einzelheiten, die wir dabei beobachten können, sind in ihrer Art doch auch wieder von allgemeinerer Bedeutung.

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Es fällt auf, dass auch in Dingen, die von der Methode an sich unabhängig scheinen, das Mitgetheilte dem Verständniss des Sextaners oft wenig angepasst ist. Man höre nur: „In dem Krümpersystem fand Scharnhorst auch ein Mittel, eine grosse Anzahl von Mannschaften kriegsbrauchbar zu machen, ohne die Bestimmungen des Tilsiter Friedens hinsichtlich der Preussischen Heeresstärke zu verletzen. Alle im Volke vorhandenen Kräfte kamen so in freiem Wettbewerbe auch dem Heere zu gute. Ueberhaupt wurde jede Stelle im Staate ohne Ausnahme dem Verdienste, der Geschicklichkeit und Fähigkeit aus allen Ständen geöffnet.“ – An anderer Stelle heisst es von den Niederlagen bei Jena und Auerstedt: „Das Ereigniss schien unbegreiflich, gleich vielem, was nachher geschah. War es des Königs Schüchternheit, welche das Heer nicht mit der rechten Kampfesfreude und Zuversicht zu erfüllen gewusst hatte? Waren die veralteten Heereseinrichtungen[WS 1] an dem Zusammenbruch schuld? Oder lähmte der Glaube an Napoleon’s Unbesiegbarkeit jede Thatkraft bei den Preussen?“ Soll der Sextaner etwa diese Fragen beantworten? – Es zeigt sich, scheint mir, in diesem offenbaren Conflict mit dem Verständniss des Schülers, wie der Ausgangspunkt ein falscher ist. Eine falsch gestellte Aufgabe bedingt gequälte Lösungsversuche. Wenig glücklich ist auch die Auswahl der hie und da der Darstellung eingereihten Verse: „Von Schanze eins bis Schanze zehn, König Wilhelm, Deine Banner wehn“; „Die Preussen sind die alten noch; du Tag von Düppel lebe hoch“. Das ist ja gewiss nicht zu hoch für das Verständniss des Sextaners, dafür aber auch nicht sonderlich charakteristisch, geist-, gemüth- oder geschmackbildend. Auch hier hat ein fremdes, nicht

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Herreseinrichtungen
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_194.jpg&oldid=- (Version vom 14.1.2023)