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Ende 1889 wurde, dank den Bemühungen mehrerer Professoren und Docenten der dortigen Univ., wobei Prof. Carěev eine führende Stellung einnahm, eine Petersburger Historische Gesellschaft gegründet. – Dieselbe soll, wie wir dem Programm entnehmen, sich mit den Fragen nicht nur der Russischen, sondern auch der allgemeinen Geschichte, in ihrem ganzen Umfange, beschäftigen, ferner auch mit den theoret. Fragen der histor. Wissenschaft und des G.-Unterrichts. – Die Bedeutung der neuen Ges. erhellt schon aus diesem Programm; die bis jetzt in Russland wirkenden histor. Gesellschaften widmen ihre Kräfte fast ausschliesslich den Fragen der Russischen G., wogegen die allgemeine sehr stiefmütterlich behandelt wird, ebenso die Theorie unserer Wissenschaft. Die Ges. zählt bereits 217 Mitglieder und entwickelt, dank der Energie ihres Vorsitzenden, Prof. Carěev’s, eine sehr rege und nützliche Thätigkeit.

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Sobald die spärlichen Mittel es gestatten, will die Ges. ein eigenes Organ gründen; einstweilen begnügt sie sich mit der Herausgabe eines Sammelwerkes (welches aber, seinem Programme nach, eher eine Zeitschrift genannt werden dürfte) unter dem Titel Istoričeskoe Obozrenie (Histor. Rundschau), wovon bereits 2 Bände erschienen. Die Redaction führt Prof. Carěev. Eine Aufführung der bemerkenswerthen Artikel wird am besten die Thätigkeit der Ges. charakterisiren. Die theoret. Fragen der Geschichtswissenschaft sind durch die Arbeiten des Herausgebers vertreten: „Bearbeitung der theoret. Fragen der G.-Wissenschaft“, „Philosophie, Geschichte und Theorie des Fortschrittes“, „Polit. Oekonomie und Theorie des Fortschritts in der Geschichte“. – Besonders reich ist die allgemeine G. vertreten: Prof. Carěev gibt eine Uebersicht der zahlreichen neueren Publl. zur G. der grossen Französ. Revolution, Onu schrieb über Josef II., Pogodin über Macaulay als Historiker, Prof. Afanassjev über Paete de Famine (die Untersuchung wurde von Levasseur der Ac. des sciences mor. et polit. im Juli 1890 vorgelegt), Forsten behandelte auf Grund eines reichen Archivmaterials (aus Stockholm u. a.) die „auswärtige Politik Schwedens im 30j. Kriege“, Stepanov betrachtet die neuen Werke von Fustel de Coulanges und Glasson über den Ursprung des Landeigenthums bei den Franken. Pokrovskij gibt eine Uebersicht der neueren Arbeiten (vornehmlich aus den Jahren 1889 und 1890) auf dem Gebiete der Altgriechischen Geschichte (Archäologie, Numismatik, Inschriftenmaterial etc.). Prof. Buseskul schrieb über den neuentdeckten Codex der Ἀθηναίων πολιτεία. – Ein grosser Theil aller dieser Arbeiten sind Vorträge, die in den monatlichen Sitzungen der Gesellschaft gehalten wurden. – Von den anderen Vorträgen, die entweder gar nicht oder anderwärts veröffentlicht sind, heben wir hervor: „Ueber Yauemwirthschaft in Lithauen (15. u. 16. Jh.)“[WS 1] von Prof. Berschadskij, zwei Vorträge zur Geschichte Iwan des Grausamen von Bjelov und Schmurlo und zwei über den G.-Unterricht von Gurewitsch und Carěev. Interessant ist der in dem II. Bd. gedruckte Vortrag W. Berkut’s: „Die Programme des historischen Cursus in den Russischen und einigen ausländischen Gymnasien.“

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Nicht ohne Nutzen werden wohl die system. Uebersichten der histor. Literatur sein, welche die Redaction zu geben verspricht. In den erschienenen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schließendes Anführungszeichen fehlt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_188.jpg&oldid=- (Version vom 14.1.2023)