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Rechtsverfahren. O. Opet, Geschichte der Processeinleitungsformen im ordentlichen Deutschen Rechtsgang; I: Volksrechte (Bresl. ’91). Die bisher angenommene Vorladung des zu Verklagenden durch den Kläger privatim (Mannitio) spricht Verf. den Angelsachsen ab. [Mit Unrecht; denn Hlothaere 10 ordnet Klage und Bürgschaftsstellung zeitlich dem Erscheinen vor Gericht voran (so urtheilt auch Mayer, GGA ’91, 374) und spricht von „anklagen und vor Gericht treffen“, wahrscheinlich nicht im ἓν διὰ δυοῖν]. Er weist allerdings Fälle nach, in denen der Process erst im Gericht, gleich mit der Klagerhebung, begann, aber er beweist seine Behauptung nicht, dass mit dieser Einleitungsform (Mallatio) bis etwa 850 jeder Rechtsgang angefangen habe, und aus ihr allein sich die Dingpflicht aller Freien erkläre. Dass die Mallatio der Angelsächs. Verfassung nicht widerspreche, würde jeder zugeben, auch ohne dass Verf. ausführlich, doch ohne ein neues richtiges Ergebniss, die Angelsächs. Gerichte geschildert hätte. [Međel und Thing kann Shire und Hundred nicht entsprechen, weil die Kenter nur in Lathe, nicht in Hundred, Gericht hielten (Stubbs, Const. hist. I, 100); Prälaten spielten in den Grossräthen der Kleinkönige ebensolche Rolle wie in der späteren Reichsversammlung; Ine’s Scirman kann Amtmann heissen ohne Bezug auf spätere Shire]. Um ja der Dingpflicht keinen anderen Zweck als die Mallatio zuzugestehen und letztere also zur nothwendigen Hypothese zu stempeln, leugnet Verf. jeden Antheil der Dingleute an der Rechtsprechung, gestützt auf die bekannten Stellen, die allerdings nur des Richters erwähnen und ihm den Hauptantheil, nicht bloss die Verkündung des Urtheils, zuzuweisen zwingen [ohne doch eine Controle durch die Gemeinde auszuschliessen]. Die Urkunden späterer Zeit, die für die Urtheilsfindung durch die Gemeinde sprechen, scheidet Verf. aus [mit Unrecht; oder er müsste nun die spätere Entstehung des Volksantheils als eine Rückkehr zu alter Sitte erklären]. Seit c. 850 gehe die Dingpflicht der Freien unter, so meint Verf. [und räumt die ihm deutlich widersprechenden Gesetzstellen des 10. und 11. Jahrh. gewaltsam aus dem Wege]. „Vollständige Befreiung von der Dingpflicht“ gewährt das Forstrecht [ja, aber nur den Forstinsassen, gerade gegen Gemein-Engl. Recht. Die Dingpflicht der Reichsunmittelbaren schärfte Heinrich I. 1109–11 ein, und untersagte den nach Versäumnissstrafgeldern gierigen Sheriffs, willkürlich Dinge zu gebieten, mit ausdrücklichem Bezugnehmen auf Altengl. Recht; vgl. DZG III, 213. Die Verfassungsgesch. des 12. Jahrh. müsste Verf. ganz umbauen, um Raum zu schaffen für seine Hypothese, die nicht zu verwechseln ist mit der Thatsache, dass die Grafschaftsversammlung allmählich aristokratischer ward]. Später, im 10. und 11. Jahrh., bestehen für die Processeinleitung die zwei früheren Formen fort: Kläger kommt mit Beklagtem zur Angehung des Richters überein oder spricht den Unvorbereiteten im Ding an. Drittens aber kann er ihn durch die Obrigkeit vorladen lassen. [Erst seit damals? Auch Mayer hält die so späte Entstehung der Bannitio nicht für erweisbar.] Dagegen nicht wirklich existire die Privatladung, von der die Leges Henrici 41, 2 berichten mit den Ausdrücken „mannitio, soinus“, die [wie im Quadripartitus] Fränk. Rechte entstammen; das sei nur gelehrte Erinnerung des Compilators an die Lex Salica. [Dazu berücksichtigt der Satz

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_173.jpg&oldid=- (Version vom 13.1.2023)