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zum Besitz eines städtischen Grundstücks verpflichtet. Er wird durch die Stadtversammlung aufgenommen. Die Gilde nimmt einen neuen Bruder gegen Eintrittsgeld und Gehorsamseid in ihrer „Morgensprache“ auf, die alle Viertel-, Halb- oder Jahr sich versammelt, Beamte wählt, Verordnungen erlässt, schätzt und schmaust. Auch diese Tagung und das Mitgliedsrecht heisst Gilda. Keineswegs jeder Bürger oder gar Mitbewohner der Stadt gehört zur Gilde; diese nimmt nur Zahlungsfähige und vorzüglich Verwandte (Erben) eines verstorbenen Gildemanns auf; das Mitgliedsrecht kann verschenkt, erheirathet, ererbt, aber (in Andover) nicht verkauft werden. Den Villan liess nur manche Gilde zu; gehörte ihr einer Jahr und Tag an, so war er frei (wie durch Stadtbewohnen). Auch Leute ohne Vollbürgerrecht fanden Zutritt, so auf eximirtem Boden in der Stadt oder auswärts Wohnende, sodann Ritter und Frauen, klösterliche Stifter und Prälaten. Weder zur Bürgerschaft noch zur Gilde zählten in der Stadt mancher Immunitätsherr mit seinen Hintersassen auf exemtem Grunde, die zahlreichen Arbeits- und Hausgehilfen, die Villanen, die Juden. Viele Kaufleute gehörten zu mehreren Kaufgilden. Im 12. Jahrh. war der Handwerker mit dem Verkäufer noch meist identisch, er bildete in der Kaufgilde bis zum 14. Jahrh. die Mehrzahl; nur wenige Städte schlossen Weber und Walker vom Vollbürgerrecht aus. Der Gilde steht meist ein Alderman vor mit 2–4 Genossen; doch begegnen mannigfache andere Namen und Zahlen für diese leitende Behörde.

Die Beziehung zwischen Gilde und Stadt wurde allmählich, doch in verschiedenem Grade und zu verschiedenen Zeiten, namentlich im 14. Jahrh. enger: nur als Gildenbruder oder nur mit Genehmigung der Gilde konnte man das Bürgerrecht mancher Stadt erwerben; oder die Gilde setzte den Bürgermeister ein, wahrte Casse, Bücher und Gerechtsame der Stadt und wurde selbst zum Bürgerausschuss (Stadtrath). Die Gilde wuchs zu solch communaler Macht besonders früh in mittelbaren Städten, deren Gericht, unter herrschaftlichem Vogt, wenig Ansehen genoss (während in Königstädten die Bürger selbst den Richter wählten und achteten); erst seit dem 14. Jahrh. hob sie sich überall in Folge der handelsfreundlichen Politik des Königs. Eine völlig amtliche Verschmelzung von Gilde und Stadt, die freilich das Volksbewusstsein oft verwechselte, bildet jedoch ebenso eine Ausnahme wie der äusserste Gegensatz, der offene Kampf zwischen beiden.

Das Wort Hansa ist Hochdeutsch und bedeutet, wie die Angelsächsische Form, hôs, ursprünglich Schaar. Es erscheint in England, zuerst im Norden, fast nur in Stadtfreibriefen (deren Verfasser 45 seit 1130 aufzählt), neben der Kaufgilde. Es bedeutet Gilde (Hanshus = Gildenhalle) und später Compagnie, ferner Abgabe an die Gilde vom neu Eintretenden oder vom Fremden für Handelserlaubniss oder vom Genossen zweiten Ranges, endlich das Recht solche Abgabe zu fordern.

Die innere Verfassung der Stadt entwickelt sich vom 14.–17. Jahrh. allmählich und still zur Oligarchie, da bei vermehrter Einwohnerzahl viele kleine Leute die Aemterlast nicht mehr tragen mochten. Wohl gewannen die Gewerkzünfte auch in England an Bedeutung; aber mit Recht verwirft

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_118.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2023)