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Erscheinungen, ja die blosse Ausnahme, zur allgemeinen Regel machte, überhaupt von den Vorurtheilen früherer Darsteller, die er scharf nachprüft, und von den Analogien mit fremden Ländern nicht irre führen lässt. Seine heftige Sprache gegen die Vorgänger klingt nur zu – Deutsch.

Für die drei Jahrhunderte nach 1150 ist Verfasser zu klaren abschliessenden Ergebnissen gelangt; auf den Gebieten, wo die Quellen reichlich fliessen, wo der Historiker mehr fleissig zu sammeln, übersichtlich zu ordnen und deutlich wiederzugeben hat, liegt des Verfassers Stärke: der Jurist wird manches abstracter formuliren, und der Volkswirth zu vielen Erscheinungen die wirthschaftlichen Ursachen und Folgen genauer aufspüren und über die Monopolsucht der Gilde und ihre Unterdrückung des Unternehmungsgeistes, in Anbetracht der damaligen Kindheit des Verkehrs, der fester Formen bedurfte, weniger vom Standpunkte des modernen Freihandels aburtheilen. [Vgl. Sombart, Jbb. f. Nat.-Oekon. 3 F. I, 756: die Politik musste den noch spärlichen Waarenstrom stauen, um ihn überhaupt lebendig zu erhalten.]

Die Kauf(manns)gilde auf den Britischen Inseln kommt [unter diesem Namen] in Urkunden vor, die sicher seit 1108, wenn nicht einige Jahre früher, datirbar sind; deren vielleicht früheste ist die für Canterbury [1106–8 laut Anselm’s Epist. IV, 59; 61]; wenig früher können die Urkunden für Wilton, Burford und Leicester sein; es folgen Beverley [1126–33 begrenzbar] und York 1130/1. Verf. nennt 102 Städte in England, die eine Kaufgilde hatten, 30 in Wales, seit 1227, und 38 in Irland, seit 1192. Unter Edward I. hat mehr als ein Drittel aller zum Parlament berufenen 166 Städte eine Kaufgilde; doch nicht immer die wirthschaftlich bedeutendsten oder im Parlament vertretenen oder reichsunmittelbaren besitzen sie. In London [seit dem 12. Jahrh.], Kents Fünf Häfen, Exeter, Norwich, Northampton, Colchester fehlt sie. Als erstes Stadium der Gilde nimmt Verf. einen privaten, [rein?] wirthschaftlichen Verein an, der in zweiter Stufe zur Stadt in Beziehung trat, weil [u. a.] bei überhaupt kleiner Volkszahl die Gildenbrüder mit den einflussreichsten Bürgern, und besonders die zum Regiment fähigen Kreise unter beiden, dann aber bei damaliger Aehnlichkeit zwischen den Strebungen der Stadtbewohner die Interessen der Gilde mit denen der Stadt vielfach identisch waren. Durch Englands dynastische Verbindung mit Französischen Territorien [durch nationale Einung] und polizeiliche Sicherheit unter der starken Normannenkrone erwuchs [besser: hob sich] der Handel und mit ihm die Gilde seit dem Ende des 11. Jahrh. Der Ortsbrauch wechselte im Englischen MA. so bunt, dass man ein allgemein zutreffendes Verfassungsrecht der Gilde oder der Stadt nicht systematisiren darf; nicht einmal der Entwicklungsgang im Verhältniss zwischen Gilde und Stadt läuft in den verschiedenen Orten parallel; in dessen Beleuchtung liegt der Glanzpunkt von Gross’ Werk.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_116.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2023)