Seite:De DZfG 1891 06 102.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Haugwitz nach der Schlacht bei Austerlitz. Selten ist einem Gesandten eine Unterhandlung so sehr zum Tadel, ja zur Schmach angegerechnet worden, als dem Grafen Haugwitz die Ergebnisse jener Reise, die er nach dem Potsdamer Vertrag vom 3. November 1805 in das Hauptquartier Napoleon’s unternahm. Dem Französischen Kaiser sollte er Bedingungen vorschreiben, deren Nichtannahme voraussichtlich den Krieg herbeiführen musste; statt dessen kehrte er zurück mit einem Vertrage, der Preussen mit allen Verbündeten entzweite und dem Willen eines gleichwohl nicht versöhnten Gegners unterwarf. Wie viel Schuld dabei den Minister trifft, was zu seiner Entschuldigung angeführt werden kann, suchte ich vor kurzem in dem Buche über „die Kabinetsregierung in Preussen“ (S. 179 ff.) darzustellen. Einen Punkt möchte ich hier etwas weiter, als dort geschehen konnte, ausführen.

Jeder weiss, dass Haugwitz wenige Tage vor der Schlacht bei Austerlitz, am 28. November, zu Brünn mit Napoleon eine erste, mehrstündige, ergebnisslose Besprechung hatte, und dass die Bedingungen des Vertrages vom 15. December in einer stürmischen Unterredung festgesetzt wurden, welche übrigens nicht, wie gewöhnlich angegeben wird, am 13., sondern am 14. December in Schönbrunn stattfand[1]. Ausserdem soll aber Haugwitz auch am 7. December in Brünn eine Audienz erbeten und erhalten haben. Bignon, der von Napoleon berufene Geschichtschreiber der kaiserlichen Diplomatie, berichtet darüber: „Le 7 décembre, le comte d’Haugwitz eut, à Brunn, une seconde audience de l’Empereur. S’il était difficile à cet envoyé de ne pas exprimer quelque admiration sur le grand événement qui venait d’avoir lieu, il était naturel que Napoléon répondit: »C’est un compliment dont la fortune a changé l’adresse«“[WS 1]. Bignon erzählt weiter, Napoleon habe zwar Vorwürfe gegen die Preussische Politik nicht zurückgehalten, aber doch den Wunsch gehegt, seine Beziehungen zu Preussen noch als freundliche erscheinen zu lassen. In das Bulletin vom 7. December habe er zwar mit Beziehung auf Preussen die Bemerkung einfliessen lassen: 150 000 Feinde mehr hätten den Krieg nur um einige Zeit zu verlängern vermocht; aber gleich folge dann: alle Intriguen der Russen und Engländer seien machtlos gewesen gegen den verständigen Sinn und die hohe Weisheit des Königs von Preussen[2]. Aehnliche Darstellungen finden sich

  1. Napoleon schreibt am 13. December von Wien aus an Talleyrand: „Je n’ai pas encore vu M. de Haugwitz“. Am 14. berichtet er über die „Conférence d’aujourd’hui“; vgl. Corresp. de Napoléon I. XI, 573 u. 581.
  2. Bignon, Histoire de France depuis le 18 Brumaire jusqu’à la paix de Tilsit, Paris 1830, V, 13.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schließendes Anführungszeichen fehlt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_102.jpg&oldid=- (Version vom 10.1.2023)