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Seite des fünfzigjährigen, geisteskranken Kaisers winkte ihr kein freundliches Loos; aber es gab ja keine vornehmere Heirath als die mit dem höchsten weltlichen Haupte der Christenheit, und wenn Magdalena dem Kaiser einen Sohn gebar und Rudolf, wie es wahrscheinlich war, vor dessen Mündigkeit starb, dann fiel ihrem Bruder als nächstem und ältestem Agnaten die Vormundschaft und damit eine grosse politische Stellung, welche auch seinen Kaiserplan begünstigen musste, zu[1]. Je mehr nun der Vorschlag Groisbeeck’s den Baierischen Ehrgeiz kitzelte, desto bereitwilliger mochte man in dem Vertrauen auf die gute Gesinnung des Kurfürsten und seiner Räthe verharren, da man ja auch ihrer Hilfe zur Verwirklichung des neuen Planes bedurfte.

Jenes Vertrauen widerstand sogar einem noch stärkeren Stosse, als es durch Groisbeeck’s Mittheilung über seine dem Kaiser wegen der Wahl gegebene Zusage empfangen hatte. Bald nach seiner Abreise erfuhr man in München, dass Bille dem Erzherzog Albrecht von Baierns Absicht auf die Kaiserkrone Mittheilung gemacht habe. Das liess sich nun doch nur daraus erklären, dass Bille die Erhebung Albrecht’s wünsche und den Plänen Baierns entgegen sei, und bei dem Verhältniss desselben zu seinem Kurfürsten lag der Schluss nahe, dass dieser

  1. In Speer’s vorstehend angeführtem Memorial wird über die Angelegenheit bemerkt: „Was Groisbeckh von der herzogin Magdalena wöll schreiben? Ne videatur affectatum; ne fiat suspectum. Praesupponitur autem, das es J. chfl. Dt. [Ernst] rieten und das es zthuen were, cum vere Maximum sit, Imperatori nubere? Annon enim illa optima Juliacensi! Quali vero! Si filium haberet, magna maneret tutela.“ Dunkel ist die den Juliacensis betreffende Stelle. Es kann damit nur der wahnsinnige Herzog Johann Wilhelm von Jülich gemeint sein. Wer aber ist „illa optima?“ Der Herzog war 1599 mit der Prinzessin Antonie von Lothringen vermählt worden und es liegt weder eine Nachricht vor noch ist es denkbar, dass vorher an seine Verheirathung mit der am 4. Juli 1587 geborenen Magdalena gedacht worden sei. Mithin würden Speer’s Worte, obgleich man sie dem Zusammenhange nach auf Magdalena beziehen müsste, wohl dahin zu verstehen sein, dass er sagen will: Die Krankheit Rudolf’s darf nicht abschrecken, ihm Magdalena zu geben; hat man doch die treffliche Antonie mit dem Jülicher verheirathet, der sich in einem viel elenderen Zustande befindet. Schon 1599 hatte man übrigens in München eine Nachricht erhalten, welche darauf deutete, dass Rudolf selbst an Magdalena denke; vgl. Nachfolge Anm. 135 und 258. Ob jetzt die Sache weiter verfolgt wurde, ist nicht ersichtlich.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_065.jpg&oldid=- (Version vom 8.1.2023)