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und Unerhörtes. Der schlichte Germanische Herzog Frithigern, der vorher schon mit seiner geschickten, entschlossenen Führung die Römischen Kriegspläne oft durchkreuzt hatte, zeigte sich hier als ein Feldherr ersten Ranges. Sobald er von des Kaisers Anmarsch wusste, zog er mit der Hauptmasse seines Volkes ostwärts dem Laufe der Tundscha folgend nach dem alten Cabyle in die Ebene von Jamboli, welche sich etwa 16 Meilen nördlich von Adrianopel, da wo die Tundscha ihren südlichen Lauf nimmt, ausbreitet. Hierher liess er auch seine Streifschaaren sammeln[1]. Nur nördlich des Balkan scheint er Alanische Reiterschwärme zurückgelassen zu haben, um den anrückenden Gratianus zu beschäftigen[2].

    nach eine Bewegung des Kaisers drei Tagemärsche von Nice vorwärts und eine Rückbewegung in der Richtung auf Nice stattgefunden. Diese Bewegung vorwärts kann sich nur gegen die Gothische Stellung gerichtet haben, also ist Valens jedenfalls die grosse Heerstrasse nach Sirmium weitergezogen, um dann nördlich gegen Beroea und den Balkan auszubiegen. Die Entfernung von Nice bis Subzupara (Castra Rubra?), bei dem die Strasse sich nordwärts wendet, beträgt mindestens 13 Dt. g. Meilen (Itin. Ant. 231 vgl. 137; Hieros. 568 f.; Jireček, Heerstrasse 44 ff.; Archl.-epigr. Mitthh. X, 94 ff.; 206), also ungefähr drei Tagemärsche. Die Pässe, welche die Gothen besetzen wollen, sind die wichtigen Maritzapässe zwischen Burdipta und Subzupara, heute etwa zwischen Mustafa Pascha und Tirnowa. – Mit Valens’ an sich durchaus verständlichem Angriffsplan kann man vergleichen den Vorstoss Suleiman Pascha’s gegen die unter Gurko bei Kazanlyk und im Schipkapass stehenden Russen im Juli 1877 (Hinze, Gurko und Suleiman Pascha, Berlin 1880 S. 49–118).

  1. Ammianus 11, 5. 12, 2. 3. Die Lage von Cabyle am Tonsus in der Ebene von Jamboli ist gesichert (Jireček, Archl.-epigr. Mitthh. X, 133 ff.); hier sind die regiones patulae vgl. Moltke, Der Russ.-Türkische Feldzug S. 346 ff.; Ami Boué, Die Europ. Türkei, Ausg. d. Wien. Akad., Wien 1889 S. 70 f.; Jireček a. a. O. 129. 131. – Vermuthlich ist die Hauptmacht der Gothen auf der im Itinerarium Antonini 175 verzeichneten directen Strasse zwischen Cabyle und Adrianopel gezogen. Den gleichen Weg marschirte wohl auch General Diebitsch, vgl. Moltke S. 357 ff., und im Russisch-Türkischen Kriege von 1877/8 sind die Tundschapässe wieder benutzt worden. Ueber die Bodengestaltung vgl. Jireček a. a. O. 140 ff. Da Frithigern Valens in der Besetzung der Strasse nach Constantinopel zuvorkommt, muss sein Aufbruch aus der alten Stellung mindestens mit dem des Valens aus Nice zusammenfallen, also nach Mitte Juli erfolgt sein. Die Schaar von etwa 10 000 Mann, auf welche die Römischen Vortruppen bei Nice stossen (Amm. 12, 3), ist wahrscheinlich vorausgesandt worden.
  2. Wahrscheinlich wird diese Vermuthung, weil Gratianus auf seinem Marsche nach Castra Martis überraschend durch Alanenschwärme angegriffen
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_013.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2023)