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er dabei eine günstige Vorbedeutung für seinen künftigen Sieg schaffen wollte, wissen wir nicht; jedenfalls beherrschte er von hier aus in gleicher Weise den Maritzapass, durch den die Heerstrasse weiterläuft, westlich und die Tundschapässe nördlich, von allen nur zwei Tagemärsche entfernt. Zur weiteren Aufklärung und Säuberung der Gegend wurde Sebastianus mit seiner Kerntruppe entsandt. Er wählte die festen Plätze, zunächst Adrianopel als Stützpunkt, um einzelne Gothische Raubschaaren zu überfallen, und errang damit schnell grosse Erfolge. Die Gothen wichen zurück und wagten sich nicht aus ihrer fest verschanzten Hauptstellung hervor[1].

Diese Stellung war an sich meisterhaft gewählt: den Mittelpunkt bildete das blühende, wasserreiche, durch seine Rosen berühmte Thal von Kazanlyk, zwischen dem Südabhang des Balkan und einem niedrigeren parallelen Höhenzug (Tscherna-Gora oder Karadscha-Dagh) unterhalb des wichtigen Schipkapasses gelegen. Nach Norden jenseits des Passes waren zur Deckung einzelne Haufen bis Nicopolis, südlich andere Schaaren bis Beroea vorgeschoben[2]. Aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen musste die Lage hier gefährlich, ja unhaltbar werden. Durch Sebastianus’ geschickte Kriegführung wurde die Zufuhr nach diesem abgeschlossenen Gebiete sehr erschwert, und von allen Seiten zog das Netz sich hierher zusammen.

Der Süden war durch Valens und Sebastianus geschlossen, den bedeutendsten Gebirgsübergang westlich, die wichtigen Pässe

    Nice begriffen (vgl. S. 12 Anm. 1). Und schliesslich liegt zwischen dem ersten Eintreffen in Nice und dem Aufbruch von dort wieder einige Zeit (vgl. o.). So kommen wir etwa auf den angegebenen Zeitpunkt. Vgl. auch S. 12 Anm. 2. – Die Synchronismen, welche Ammianus (10, 20. 11, 1–6. 12, 1) bietet, sind zu allgemein, um damit etwas anfangen zu können.

  1. Ammianus 11, 2–5; Socr. IV, 38; Sozom. VI, 40; Zosim. IV, 23.
  2. Diese Stellung der Gothen ist durch Ammianus’ Worte 11, 2: popularibus jungere festinant (die vor Sebastianus zurückweichenden Gothischen Streifschaaren), circa Beroeam et Nicopolim agentibus praesidiis fixis, deutlich umgrenzt. – Eine treffliche Schilderung des Thales von Kazanlyk gibt Moltke, Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei etc. (Berlin 1841) S. 138 ff. (vergl. Jireček, Heerstrasse 152 f.). Ueber Beroea s. S. 5 Anm. 1, über Nicopolis ad Haemum (nördlich von Tirnowa) Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan (Leipzig 1875) II, 60 ff. – Auch den Grund des Abzuges merkt Ammianus 11, 5 an, vgl. Zosim. IV, 23.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_010.jpg&oldid=- (Version vom 4.1.2023)