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erschien das umfassende Werk des Amerikaners Lea über die „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“, und die Leser dieser Zeitschrift erinnern sich zweifellos mit Vergnügen der Aufsätze von Herman Haupt über „Waldenserthum und Inquisition im südöstlichen Deutschland“, die hier in den Jahren 1889 u. 1890 veröffentlicht wurden[WS 1]. Gerade an das entgegengesetzte Ende des alten Reiches führt uns der erste Theil des Corpus documentorum inquisitionis haereticae pravitatis neerlandicae, den Paul Fredericq[1], der als Geschichtschreiber und Lehrer gleich hochverdiente Professor an der Universität Gent, herausgegeben hat (Gent u. Haag 1889). Dieser Band umfasst die Jahre 1025–1520, bis zur Reformation und der Neubegründung der Niederländischen Inquisition durch Kaiser Karl V. In 446 Nummern werden uns hier zum ersten Male die vollständigen Materialien zur Geschichte der Ketzerei und ihrer Unterdrückung in den Niederlanden vorgeführt, gesammelt aus den Archiven von Brüssel, dem Haag, Lille, Mons, Gent, Brügge, Tournai und Alkmaar, den Handschriften mehrerer Bibliotheken und 214 gedruckten Werken. Die Anordnung des Stoffes ist die chronologische, sicher die beste, ja einzig zulässige für ein zusammenhängendes Studium, während ein sehr vollständiges und sorgfältiges Sach- und Namenregister das Aufsuchen einzelner Persönlichkeiten und Vorgänge ermöglicht. Eingehende Vorbemerkungen und Zusätze bei jedem der Actenstücke erläutern dieselben, bringen sie in den richtigen Zusammenhang und klären jeden Zweifel des Lesers von vornherein auf. Rühmlich ist auch der Muth, mit dem Prof. Fredericq, einer der namhaftesten literarischen Vorkämpfer Germanischen Wesens in Belgien, den zusätzlichen Text seines Werkes, ohne Rücksicht auf Beschränkung seines Leserkreises und materielle Opfer, in Niederländischer Sprache verfasst hat. Nur einen, übrigens nebensächlichen Tadel möchten wir aussprechen: nämlich dass der Herausgeber eine Reihe von längst bekannten päpstlichen Bullen, Concilienbeschlüssen, kaiserlichen Constitutionen u. s. w., die sich auf die Ketzerei und deren Unterdrückung im allgemeinen richten und keine besondere Beziehung zu den Niederlanden haben, noch einmal vollständig zum Abdruck bringt; und zwar scheint dies um so weniger angemessen, als die Auswahl solcher Gesetze ziemlich willkürlich ist und mit demselben Rechte noch weit mehr hätte ausgedehnt werden können. Hier wäre, wenn überhaupt die Erwähnung nöthig schien, eine kurze, regestenartige, aber vollständigere Anführung wohl besser am Platze gewesen.

Die frühesten Spuren der Ketzerei in den Niederlanden finden

  1. Vgl. Bibliogr. ’89, 3624 und ’90, 3738.

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_372.jpg&oldid=- (Version vom 27.12.2022)