Seite:De DZfG 1891 05 258.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

schon einmal über ihn abgestimmt hatten, neu eingebracht werden. In dringenden Fällen konnten die Prioren mit dem Rath der Hundert, ohne die anderen Rathsversammlungen zu fragen, die Auszahlung von 25 Lire verfügen. Doch durften in einem Monat nicht mehr als 100 Lire angewiesen werden.

Damit hatten die Prioren sich einen Rath geschaffen, der, aus den Höchstbesteuerten der Stadt zusammengesetzt, nicht nur in die Finanzangelegenheiten derselben wirksam retardirend eingriff, sondern auch bald fast alle wichtigeren Angelegenheiten vor sein Forum zog. Um seinen Bestand zu sichern, wurde sein Fundament, die Kämmereiordnung, mit ganz ausserordentlichen Garantien umgeben: Alle Behörden, Podestà, Capitano und Prioren waren gehalten, sie unverbrüchlich zu beobachten, und jeder, der etwas unternehme oder nur anrathe, das ihnen zum Abbruch gereichen könne, in eine Strafe bis zu 500 Lire verfallen und für immer infam erklärt; die Vorstände der zwölf oberen Zünfte wurden in einem festgesetzten Turnus für die Vertheidigung derselben ganz besonders verpflichtet und jede Zunft erhielt desshalb eine Abschrift derselben[1].

Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der Rath der Hundert, wenigstens in seinen Anfängen, der ihm gewordenen Aufgabe, die Ausgaben der Comune in etwas einzuschränken und in ein besseres Verhältniss zu den Einnahmen zu bringen, entsprochen haben wird. Gehörten ihm doch auch von seiner Entstehung an die einflussreichsten Berather der Comune an. Brunetto Latini ergriff im ersten halben Jahre fast in allen Zusammenkünften das Wort; neben ihm Paccino Peruzzi, ein Tornaquinci, der sich aus der Reihe der Granden einer Zunft angeschlossen hatte. Dass der Rath der Hundert bei seinen Geldbewilligungen aber nicht kleinlich und knauserig verfuhr, beweisen die grossen, ja übergrossen Summen, welche in den nächsten Jahrzehnten nicht nur für die Bezahlung der Soldtruppen, sondern vor allem zur Herstellung der neuen Stadtmauern, zum Umbau und der Wiederherstellung der Arnobrücken, zur Verbreiterung und Canalisirung zahlreicher Strassen und

  1. Gherardi a. a. O. S.324. Der Ausdruck ordinamenta canonizzata für solche Ordnungen, die als besonders wichtig doppelt geschätzt wurden, kehrt auch bei den Ordnungen der Gerechtigkeit wieder. Er war damals in Mittelitalien mehrfach gebraucht, wie etwa in unserem Jahrhundert Grundrechte.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_258.jpg&oldid=- (Version vom 7.11.2022)