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Polemik K.’s gegen mich weder unbefangen noch gerechtfertigt ist. Und zwar findet er sie um so ungerechtfertigter, als K. von meinen Untersuchungen „nicht unbeeinflusst sein wird“[1].

Wie bemerkt, der Hinweis auf Loening könnte als Replik genügen. Ich will indessen ein Uebriges thun und K.’s Verfahren analysiren. Ich muss jedoch die Verantwortung dafür, dass hier der Polemik so breiter Raum gelassen wird, einzig und allein auf K. schieben; er hätte, bei grösserer Vorsicht in seinen Aeusserungen, lange Auseinandersetzungen überflüssig machen können.

1. K. erklärt, dass das, was ich als „herrschende Meinung“ bekämpft habe, in Wahrheit von Niemand behauptet worden sei; er bestreitet, dass überhaupt jemals irgend Jemand die von mir als herrschend bezeichneten „thörichten“ Ansichten vertreten habe. Er bestreitet (Ursprung S. 382) speciell, dass es eine „herrschende Ansicht von der massgebenden Bedeutung der Frohnhöfe“ gebe, dass Jemand angenommen habe, „den Grundstock der städtischen Bevölkerung hätten Hörige gebildet“. Kennt K. thatsächlich keinen Schriftsteller, der diese Anschauung vertreten hat? Ist ihm, um von Nitzsch und von Schmoller zu schweigen, Arnold’s „Aufkommen des Handwerkerstandes im Mittelalter“[2], Stieda’s Aufsatz „zur Entstehung des Deutschen Zunftwesens“ unbekannt[3]? Statt hier mit vielen Citaten aufzuwarten, will ich nur auf Gothein verweisen, welcher (Wirthschafts-G. d. Schwarzwaldes, S. 17) bemerkt: „Am verbreitetsten, von den hervorragendsten Forschern vertreten, ist die Ansicht, welche

    Sohm behauptet das erstere, ich das letztere. K. hat zur Lösung dieser Frage nichts beigetragen; er wirft sie nicht einmal auf. Er glaubt die Frage nach der Entstehung der Stadtverfassung mit dem trivialen Satze beantworten zu können, dass die letzten entscheidenden Gründe die „Rechtsanschauungen und Interessen der kaufmännischen Kreise“ seien. Damit ist gar nichts gesagt; denn es handelt sich ja darum, unter wessen Leitung (des Staates oder der Gemeinde) Handel und Gewerbe sich entwickelt haben. Uebertreibe ich, wenn ich behaupte, dass dem Urtheil K.’s noch die Reife fehlt?

  1. Sohm, Die Entstehung des Dt. Städtewesens S. 10 Anm. 4, deutet auch bereits die Abhängigkeit K.’s von meinen Ausführungen an.
  2. Arnold vertritt in diesem Büchelchen (Basel 1861) bekanntlich die Ansicht von dem stufenmässigen Aufsteigen der Handwerker von der Hörigkeit zur Freiheit.
  3. Lövinson, Beiträge z. Verf.-G. d. Westf. Reichsstiftsstädte, vertritt noch heute die Ansicht, dass die Ministerialen massgebende Bedeutung in den Städten gehabt haben. K. kennt diese Schrift; er lobt sie sogar (MHL 17, 256). Vgl. dazu freilich DLZ 1889, Sp. 1579 ff., u. W. Schröder, Die älteste Verfassung der Stadt Minden. Mindener Programm 1890.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_150.jpg&oldid=- (Version vom 18.10.2022)