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der Lord Robert zu der grauenvollen That getrieben hätte, wäre die Hoffnung gewesen, Elisabeth zu heirathen, wenn er erst zum Wittwer geworden. Nun waren sie am Ziele, er und die Königin, nun stand ihrer Ehe die Amy Robsart nicht mehr im Wege; dennoch aber kam es zu dieser Ehe nie. Sich leidenschaftlich lieben, aus Leidenschaft ein Verbrechen begehen und, nachdem es vollendet ist, während die Leidenschaft fortglüht, die dazu getrieben, nicht die Hand ausstrecken nach dem Preise, um den man gerungen hatte und der jetzt so leicht zu erreichen war: alles dieses heisst dem Wilden gleich einen Baum fällen, um dessen Früchte zu pflücken, aber auch dem rohesten Wilden sehr ungleich die Früchte liegen lassen, wenn der Baum schon gefällt ist.

Dudley selbst drang brieflich auf die eingehende Untersuchung des tragischen Ereignisses, gab sich mit dem Verdict der Jury, demzufolge der Tod seiner Frau durch reinen Zufall herbeigeführt worden, nicht zufrieden, ordnete eine wiederholte Untersuchung an – und er pries sich glücklich, dass die Jurymänner, die ihr Verdikt abzugeben hatten, ihm sämmtlich Fremde seien. Nebstdem sandte er Appleyard, den Halbbruder, und Arthur Robsart, den Bastardbruder seiner Frau, an Ort und Stelle, auf dass sie durch ihre Gegenwart bei Vornahme der Untersuchung dem Verdachte, als würde dieselbe zu seinen Gunsten geführt, zuvorkämen. Dem gegenüber lässt sich nicht sagen, dass er bei Zusammensetzung der Jury seine Hand im Spiele gehabt, oder den Spruch, mit dem sie ihre Thätigkeit abschloss, beeinflusst habe. Und wenn Froude eine nach Jahren gefallene Aeusserung jenes Appleyard in entgegengesetztem Sinne deutet, so ist ihm nachgewiesen worden[1], dass diese seine Deutung auf Heranziehen einer einzelnen Stelle aus einer Handschrift beruhe, während das Ganze der Handschrift vielmehr den evidenten Beweis enthält, dass Appleyard gestanden habe, die Untersuchung über den Tod seiner Schwester sei mit voller Unparteilichkeit geführt worden. Wollte man auch alle diese Zeugnisse in den Wind schlagen, es stünde doch Eines fest: Lord Robert konnte und durfte in die Untersuchung sich nicht einmischen; denn er

  1. Von Gairdner a. a. O. p. 249 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_127.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2022)