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Vertheidigung der Stadt anzuvertrauen. Wenige Tage vor dem Tode Ugolino’s de’ Gherardeschi kam der Condottiere, den die Genuesen ruhig aus ihrem Hafen hatten abfahren lassen, in Pisa an und liess sich auf drei Jahre zum Podestà, Capitano und Heerführer ernennen. Die Florentiner mussten nun energischer als bisher in den Krieg eingreifen. Sie beschlossen zweitausend Pferde auszuheben und eine Anleihe von wenigstens vierzigtausend Goldgulden zu erheben, welche durch die Erträge der neuen Steuerumlage gedeckt werden solle[1]. Es war auch um so nöthiger, sich zu rüsten, als in Arezzo sich um den Reichsstatthalter Percival die Ghibellinische Partei dichter zusammen zu schaaren begann und den Pisanern von Süden her schon die Hand zu reichen drohte. Die Siege, welche die Aragonesen über die Anjous in Unteritalien erfochten hatten, belebten noch einmal den Muth der Ghibellinen Tusciens.

In Arezzo, einer Stadt, über deren mittelalterliche Geschichte wir sehr schlecht unterrichtet sind, hatte sich, wie wir sahen, der Reichsstatthalter Percival de’ Fieschi am längsten aufgehalten. Was ihm die Stadt besonders genehm gemacht hatte, musste doch deren politische Stellung sein. Sicher war der Adel in ihr noch mächtiger als in anderen Städten Tusciens. Hier in der Nähe, im Casentino, im Val d’Ambra und im Apennin, hatten die Grafen Guidi ihre grossen Besitzungen, im Arnothale unterhalb der Stadt sassen auf zahlreichen Castellen die Pazzi und andere gewaltthätige Herren vom Adel. Doch hatte sich das Adelsregiment innerhalb der Stadt nicht ohne Kämpfe behaupten können. Der greise Bischof der Stadt, Guglielmo, aus dem Geschlechte der Ubertini, hatte, wetterwendisch und treulos, wie er war[2], es mit allen Parteien verdorben. Er, der die politische Intrigue und das Getümmel des Feldlagers noch in seinen alten Tagen mehr liebte als die Gesänge

  1. Provision vom 26. August. Wo ich beim Citiren der Provisionen nichts als das Datum beifüge, sind die libri delle provvisioni des Archivs von Florenz als Quelle gemeint.
  2. Oben I, 42. Die Ubertini waren eine Seitenlinie der Pazzi di Valdarno, im Unterschied von den Florentinischen Pazzi so genannt. Dieser Familienzusammenhang erklärt es, dass der Bischof bald den Pazzi, bald den Ubertini zugezählt wird. Hierauf hat S. Bongi zuerst im Archivio stor. Ital. Ser. IV. Vol. VII, 378 aufmerksam gemacht.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_096.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)