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nahe befreundeten Florentinern und fand die Hilfe der Guelfischen Taglia, während Ugolino de’ Gherardeschi sich mit seinen ihm an List und Treulosigkeit gewachsenen neuen Ghibellinischen Verbündeten in der Heimath überwarf. Nach einem erbitterten Strassenkampfe blieben die Ghibellinen unter der Führung des Erzbischofs Ruggiero degli Ubaldini Sieger und Ugolino wurde mit zwei Söhnen und zwei Enkeln gefangen genommen und in den Thurm der Gualandi geworfen, in dem er im März 1289 sein grausiges Ende fand.

Die Kräfte der zerrütteten Stadt schienen sich gänzlich aufzehren zu müssen. Und das um so mehr, als die Lucchesen und die Tuscische Eidgenossenschaft in Verbindung mit dem vertriebenen Judex von Gallura und anderen Verbannten ihr alle Besitzungen auf dem Festlande bis auf drei Burgen weggenommen hatten[1]. Desshalb beschloss der Erzbischof Ruggiero den alten, kriegserfahrenen und verschlagenen Ghibellinenführer der Romagna, den Grafen Guido von Montefeltro, aus seiner freiwilligen Verbannung in Asti nach Pisa zu rufen und ihm die

    Detail nicht zuverlässigen Berichte der Chronisten angewiesen. Nach einer Florentiner Provision vom 12. Juli 1288 verwilligt man den Lucchesen und dem Judex Nino hundert Reiter und dreihundert Fussgänger aus Greti zum Krieg gegen Pisa. Am 10. Juli verbietet man auf Verlangen der Lucchesen allen Florentinern den Verkehr mit Pisa. Der Krieg ist also von Lucca ausgegangen und die Florentiner schlossen sich dann an.

  1. Ueber das Verhältniss der beiden Guelfischen Magnaten von Pisa zu einander, über ihre in den Jahren 1285–88 in der unglücklichen Stadt geübte Schreckensherrschaft – Bonaini nennt die von ihnen ausgegangenen Statuten „veri codici di tirannia“ –; über die Schicksale Nino’s, † 1296, der sich „Vicecomes, judex Gallurensis et tertie partis regni Kallaretani dominus“ nennt, seiner Frau und seiner einzigen Tochter, vergleiche G. Sforza im Propugnatore II, 1 S. 46 u. f. und den interessanten Aufsatz Del Lungo’s in seinem Buche: Dante ne’ tempi di Dante, S. 273–376. – Dante war mit dem Judex von Gallura wohl bekannt und hat ihm in dem achten Gesange des Purgatorio ein Denkmal gesetzt. Der Poet fühlte deutlich, dass er den Verräther seiner eigenen Heimath hätte in das Inferno setzen müssen. Ingeniös weiss er das zu vertuschen, indem er selbst seine Freude darüber ausspricht, ihn im Purgatorio zu finden. Der durchaus subjective Charakter des Urtheils des grossen Poeten über seine Zeitgenossen tritt kaum irgendwo so bestimmt hervor wie hier. Der Genuese J. Auria (Doria) meint, der Judex habe doch noch ein Gefühl des Schmerzes über die Verwüstung Pisas im Jahre 1290, an der er theilnahm, gehabt. Monumenta Germ. VIII, 334.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_095.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)