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Gefangenen und dergleichen mehr. Der Grund, dass der Vertrag gerade in Florenz abgeschlossen wurde, ist wohl in dem Umstande zu suchen, dass derselbe vielfache Interpretationen und Modificationen des Handelsvertrages enthielt, der am 7. Februar 1281 zwischen Florenz und Genua vereinbart worden war, zu denen die Einwilligung der Rathsversammlungen von Florenz nothwendig war. Die Handelsinteressen bedingten ja durchaus das politische Verhältniss beider Städte. Selbstverständlich wurde der Beitritt zu diesem Bunde den übrigen Mitgliedern der Tuscischen Taglia, die man im August 1284 zu Siena erneuert hatte, offen gehalten. Er erfolgte auch von Seiten von Prato, Pistoja, San Miniato, Poggibonzi, San Gemignano und Siena am 14., 15. und 20. October. Man hatte aber noch nicht genug Theilnehmer an ihnen. Zwanzig vornehme Pisaner, von denen der Graf Ugolino de’ Gherardeschi und dessen Söhne[1], soweit sie nicht in der Gefangenschaft der Genuesen waren, und Nino dei Visconti, der Judex von Gallura auf Sardinien, namentlich genannt werden, sollen unter gewissen Bedingungen ihm beitreten können. Es waren die Häupter der Guelfischen Partei Pisas, die mit ihrer Vaterstadt schon wiederholt in offener Fehde gestanden hatten, die man zu sich herüber ziehen wollte[2]. Oder wollte der schlaue Brunetto Latini, der die Florentiner lehrte, ihre Republik „secondo la politica“ zu leiten[3], schon nach einer Anknüpfung mit Pisa suchen, um die für Florenz so wichtige Seestadt vor der Wuth ihrer Feinde zu retten und sie nur ins Guelfische Parteilager hinüber zu führen? Fast scheint es in der That so. Der Graf Ugolino, der sein Judicat in Sardinien statt von seiner Vaterstadt von Genua zu Lehen nehmen sollte, nahm fünf Tage nach dem Abschluss des grossen Bündnissvertrags in Florenz die Würde eines Podestà von Pisa an. Die Stadt war

  1. Ein Sohn Ugolino’s, Lotto, war nach einer Rathsverhandlung von Florenz vom 17. Juli 1292 noch mit den Genuesen in Unterhandlung wegen Aufbringung seines Lösegeldes, nachdem man ihn in diesem Jahre zum Bürger von Genua gemacht und mit einer Spinola verheirathet hatte. Er hatte seine Besitzungen in Genua verkaufen sollen. Die Florentiner stellten einen Bürgen mit tausendfünfhundert Gulden für ihn.
  2. Der Vertrag im Liber jurium II, 60 u. f.
  3. Villani VIII, 10.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_085.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)