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von Pisa gesperrt, so musste er jetzt schwer für seinen Stolz büssen. Es erweckt noch heute schmerzliches Mitgefühl, wenn man in der Liste Roncioni’s bei den Namen so vieler edler Pisaner die kurze, aber unsägliches Elend verrathende Notiz: morse in prigione liest. Dass Tausende gefangener Pisaner in den Kerkern umkamen, ist aber nur ein Tropfen des Unheils, das über die Stadt jetzt hereinbrach.

Der Podestà und Admiral der Pisanischen Flotte, ein Morosini aus Venedig, war in die Genuesische Gefangenschaft gefallen. Sein Sohn, ein junger Mann, sollte nun als Stellvertreter die fremde Stadt regieren. Das war an sich unmöglich, und wäre auch unmöglich geblieben, wenn die Genuesen den Pisanern, die im ersten Schrecken alle Bedingungen ihrer Feinde annehmen wollten[1] den Frieden gewährt hätten. Aber weit hiervon entfernt, schlossen sie am 12. October in Florenz ein Bündniss mit dieser Stadt und Lucca ab, um die schon halb gebrochene Stadt nun auch noch vom Lande her einzuschliessen und womöglich zu erobern. Die Vorverhandlungen zu dieser Allianz waren, wahrscheinlich auf Ansuchen von Lucca[2] und der Guelfischen Partei von Florenz nicht lange nach der Schlacht von Meloria in Rapallo begonnen worden. Jetzt erfolgte ihr Abschluss in der Badia zu Florenz. Neben Mainetto Benincasa führte der gewandteste Florentinische Diplomat seiner Zeit, Brunetto Latini, die Sache der Stadt, und man schloss ein Bündniss auf fünfundzwanzig Jahre ab. Fünfzehn Tage nach dem Abschlusse desselben, sollen die Truppen von Florenz und Lucca gegen Pisa im Felde stehen. Dann folgen die üblichen Versicherungen, dass keine der contrahirenden Mächte ohne die andere Frieden schliessen wolle, Bestimmungen über die Vertheilung der zu machenden

  1. Der Genueser Annalist erzählt, das sei geschehen, nachdem die Pisaner von dem Bunde Genuas mit Florenz gehört hätten. Es ist möglich, dass es nach den Besprechungen von Rapallo geschah. Doch waren die Anerbietungen der Pisaner auch nicht genügend. Wie sich aus den Florentinischen Consulten ergibt, wollte den Pisanern die Abtretung Sardiniens lange nicht in den Sinn.
  2. Diese Stadt, die Pisa noch feindlicher gesinnt war, hatte schon am 11. August, fünf Tage nach der Schlacht von Meloria, ihren Syndicus mit Vollmacht zur Verhandlung mit Genua versehen. Im October verlangte der Bischof der Stadt von den Pisanern Auslieferung der Castelle, die seinem Bisthum gehörten. Guido de Corvaria ad h. ann.: Salimbene p. 307.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_084.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)