Seite:De DZfG 1891 05 083.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

regierten Seestädten, Genua und Pisa, wussten sie auch gar sehr ihren und ihrer Partei Vortheil zu wahren.

Schon längst lebten die beiden grössten Seemächte des westlichen Mittelmeerbeckens, Pisa und Genua, in wüthendster Eifersucht. „Come per le femmine,“ sagt G. Villani. In der ganzen Levante, wie in Sardinien und Corsika kämpften sie miteinander. Von Sicilien bis zu den Balearischen Inseln war das Meer von den schnell segelnden Piratenschiffen der Genuesen voll, die über die Pisanischen Galeeren herfielen und selbst sich an Schiffen vergriffen, die für den Kirchenstaat bestimmt waren. Sie waren in Italien, wie auch später, da man ihre Stadt die Hure Spaniens nannte, verhasst. Die Frage Dante’s: Ahi Genovesi – – – perchè non siete voi del mondo spersi? drückt wohl die Volksmeinung Tusciens über die gewaltthätigen Beherrscher des Tyrrhenischen Meeres aus. Aber das Glück war ihnen günstig und der politische Hass der Guelfischen Städte Tusciens gegen das Ghibellinische Handelsemporium an der Mündung des Arno noch lebhafter. Mit wechselndem Glücke war der seit 1282 besonders wegen Corsika entbrannte Kampf zwischen den beiden Seestädten geführt worden. Da gelang es Genua, seinem Rivalen einen fast vernichtenden Schlag beizubringen. Am 6. August 1284 wurde die fünfundachtzig Segel starke Flotte Pisas zwischen Livorno und dem Felseneilande Meloria von hundertundsieben Genuesischen Schiffen total geschlagen[1]. Die Genuesen erbeuteten neunundzwanzig Galeeren ihrer Gegner und bohrten sieben in den Grund. Die Zahl der in der Schlacht umgekommenen Pisaner wird auf eintausend sechshundert bis fünftausend angegeben. Sicher ist, dass damals über neuntausend Gefangene, unter ihnen die Blüthe des waffenfähigen Adels von Pisa, in die Gefängnisse nach Genua kamen. Der Genueser Annalist J. Auria (Giovanni Doria) gedenkt des damals umlaufenden Sprichwortes, dass wer Pisa sehen wolle, nach Genua kommen müsse. Hatte der Adel von Pisa, wie die Sage will, in dem Kriegsrath vor der Schlacht darauf bestanden, den Kampf mit der überlegenen Flotte aufzunehmen, damit es nicht heisse, die Genuesen hätten den Hafen

  1. Die Angaben des Tagebuches des Guido de Corvaria (Muratori SS. XXIV, 692) und die Genueser Annalen (Mon. Germ. SS. XVIII, 308) stimmen im wesentlichen überein. Vgl. auch Salimbene, Chronicon p. 305.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_083.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)