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Ausbeutung schützen zu können[1]. Die Normannen waren anderer Ansicht. Die Constitutio Sicula betrachtet es als eine Garantie für die Unbefangenheit des Richters, dass er der Stadt und der Provinz fremd sei, in der er sein Amt führt[2], und dieselbe Auffassung muss schon im Jahre 1139 in Trani massgebend gewesen sein, als die Bürger der Stadt sich von dem Sohne König Roger’s ausbedangen, dass der Bailli, den er über sie setzen wolle, nicht aus ihrer Gegend stamme[3]. Der gleiche Grundsatz gilt für das Amt des städtischen Podestà Oberitaliens, es ist charakteristisch für dasselbe, dass es stets von Fremden versehen wurde[4]. Eine ähnliche Erwägung, wie in der Constitutio Sicula, finden wir schon auf dem Roncalischen Reichstag Friedrich’s I. ausgesprochen. Ragewin[5] sagt, der Kaiser

  1. Vgl. Bethmann-Hollweg III § 136 p. 88. Dass in der That auch die unteren Beamten in Byzantinischer Zeit aus den Einheimischen genommen wurden, geht aus einer Urkunde aus Istrien hervor. Ughelli V, 1097. In den Griechischen Urkunden Unteritaliens aus Byzantinischer Zeit finden wir häufig, dass die Griechischen Beamten ihren Namen Lateinisch unterschreiben – ein Beweis, dass sie des Griechischen nicht mächtig waren. – Das Gesetz Justinian’s wurde von Kaiser Justin auf die östlichen Provinzen ausgedehnt (Zachariae, Jus Gr.-Rom. Novellae. Coll. I Nov. 5 p. 11); in dieser Form wurde es in die Basiliken aufgenommen, ed. Heimbach VI tit. 3 § 43. In der älteren Römischen Verwaltung scheint allerdings der entgegengesetzte Grundsatz der herrschende gewesen zu sein. Vgl. Julii Pauli Sententiae V, 12, 5 bei Huschke, Jurisprudentia antejustinianea, 3. Ausgabe p. 505: in ea provincia, ex qua quis originem ducit, officium fiscale administrare prohibetur, ne aut gratiosus aut calumniosus apud suos esse videatur. Vgl. auch Codex I 41: Nemo Augustalis vel proconsul, vel vicarius vel comes Orientis in patria provincia fiat, nisi specialem ejus rei jussionem meruerit: und dazu Cassiodor, Varia lib. I Nr. 3 (Paris 1579) p. 7; vgl. jetzt auch Hartmann, Untersuchungen p. 41.
  2. a. a. O. p. 190.
  3. Vania, Cenno storico della città di Trani p. 49. Doch findet sich auch das entgegengesetzte Verlangen der Städte. In einer Urkunde von 1191, in welcher Kg. Tancred den Gaetanern die Privilegien Kg. Roger’s erneuert, verspricht er den Bailli aus ihren Mitbürgern zu wählen. Riccio, Cod. diplom. I 285.
  4. Hegel II, 242 ff.
  5. Gesta Frid. IV c. 5 p. 234 (d. kl. Ausg.). Ausführlicher bei Ligurinus lib. 8:

     Cunctasque per urbes
    Electos in jure viros, verique sequaces
    Imposuit, medio qui cuncta negotia juris

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_054.jpg&oldid=- (Version vom 15.10.2022)