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Wenn wir bloss die Byzantinische und Staufische Gesetzgebung ins Auge fassen, scheint es, dass die unteren Gerichtsbeamten Siciliens als Nachfolger der Byzantinischen Beamten aufzufassen sind; um so auffallender ist es nun, dass wir in Normannischen Urkunden ganz andere Beamte in den Functionen der judices vorfinden. Hier begegnet uns der vicecomes in den Geschäften der niederen Gerichtsbarkeit[1], und zwar regelmässig als Unterbeamter des Bailli[2]. Der Titel kommt auch noch in Staufischer Zeit, wenn auch selten, vor. Friedrich II. richtet ein Schreiben an den Castellan, Vicecomes und Prätor (so hiess hier der Bailli) von Palermo[3], und auch noch im Stadtrecht von Palermo finden wir vicecomites als die niederen Richter der Stadt, welche Civilsachen, die einen bestimmten Werth nicht überschreiten, zu entscheiden haben[4]. Es liegt nahe, anzunehmen, dass der Titel vicecomes gleichsam nur als eine Erinnerung an

    a. 1045: Trinchera p. 42; a. 1047 p. 43; a. 1049 p. 45; a. 1052 p. 49; a. 1054 p. 52. Ebenso in Normannischer Zeit: Basilius filius Comitis a. 1134: Trinchera p. 154; a. 1141 p. 170; a. 1142 p. 175; a. 1148 p. 193; a. 1160 p. 213; a. 1161 p. 214; a. 1163 p. 215; a. 1164 p. 216; a. 1168 p. 227; a. 1170 p. 233. – Für den urkundlichen Nachweis, dass die judices in der Byzantinischen Provinz Italien jährlich gewechselt, reicht das Material nicht; es ist aber kein Grund daran zu zweifeln.

  1. Cusa a. 1096 p. 367; a. 1109 p. 404; a. 1112 p. 407; Vicecomites in Sicilien werden noch erwähnt: Cusa a. 1099 p. 643; a. 1102 p. 551; a. 1146 p. 619: a. 1188 p. 530.
  2. Trinchera a. 1129 p. 138: temporibus gloriosi nostri comitis Nicolai et strategi Guilelmi Pepe et vicecomitis Ursi; p. 212: temporibus piissimi domini nostri regis Guilelmi et strategi Olettae Basilii et vicecomitis Joannes Gitzi, und so öfters, z. B. Trinchera p. 73, p. 74, p. 137, p. 138, p. 195, p. 212 ff., p. 369; für Sicilien vgl. z. B. Cusa p. 530 a. 1188: Ausaldus stratigotus Pactensis, Willelmus vicecomes Pactensis. – Gregorio, und die ihm folgen, Amari, Brünneck, La Lumia (storia da Guilelmo il buono p. 25) sind daher im Irrthum, wenn sie bajulus und vicecomes identificiren. In der von Gregorio p. 147 angeführten späten Urkunde (sie scheint noch nicht publicirt zu sein) ist Vicecomes wahrscheinlich Eigenname. Cusa p. 628 nennt sich ein φάραξ oder φάρακι τῆς βαλείας καὶ βεισκομίας ἁγίου Μαύρου, er unterschreibt sich dann einfach als βεισκώμης; ich kann mir die Stelle nur erklären, wenn ich annehme, dass der Vicecomes von St. Maurus zeitweilig auch das Amt des Bailli bekleidete.
  3. Huillard-Bréholles IV p. 454. Sonst finde ich einen vicecomes in dieser Zeit nur noch Cusa p. 603 a. 1242.
  4. Brünneck, Sicilische Stadtrechte I p. 43.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_041.jpg&oldid=- (Version vom 14.10.2022)