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2. Judex, Vicecomes und Turmarcha.

Die Constitutio Sicula kennt zwei Arten von richterlichen Unterbeamten des Bailli, die sie theilweise als judices zusammenfasst, theilweise als judices et notarii unterscheidet[1]; die ersteren werden als judices de questionibus cognoscentes[2], oder als judices, qui causarum cognitionibus presint[3], die zweiten als judices, qui gesta conficiant[4] oder als notarii actorum bezeichnet[5]; beide sind besoldete Beamte[6], die judices wechseln jährlich, während die Notare auf Lebenszeit ernannt werden[7].

Dieselben Beamten finden wir in der Byzantinischen Verfassung, und zwar in denselben Functionen, wie sie das Gesetzbuch Friedrich’s II. beschreibt; der judex (κρίτης), der Nachfolger des Justinianeischen judex pedaneus[8], begegnet uns häufig in den Urkunden von Trani bei Geschäften der niederen Gerichtsbarkeit[9], er ist ein besoldeter, jährlich wechselnder Beamter[10], wie der judex, qui causarum cognitionibus presit, in der Constitutio Sicula; der Notar dagegen, ebenfalls ein besoldeter Beamter[11], bekleidet sein Amt auch schon in Byzantinischer Zeit auf Lebensdauer[12].

  1. Huillard-Bréholles V, 1 p. 60: bajulus, judex atque notarius; ebenso p. 198.
  2. p. 57–58.
  3. p. 187.
  4. p. 187.
  5. p. 198.
  6. p. 202 ff.
  7. p. 187.
  8. Den Ausdruck judex pedaneus oder χαμαιδικαστής kann ich in Unteritalien nicht nachweisen, wohl aber in dem Römischen Fragment, aus dem 10. Jahrh. Mon. Germ. LL. IV, 664. Die hier beschriebene Römische Gerichtsverfassung stimmt, wie wir sehen werden, noch vollständig mit der Byzantinischen überein. Noch in späterer Zeit kommt in Sicilien ein judex pedaneus vor. Brünneck, Siciliens mittelalterliche Stadtrechte II p. 216 Note 6. Die Justinianeische Gesetzgebung über den judex pedaneus ist in den Basiliken wiederholt, vgl. Basilica III tit. 1, p. 240 ff.; vgl. auch Constantin. Porphyr., De cerem. p. 717 die κρίται τῶν ρεγεώνων.
  9. Beltrani, Documenta Langobardi e Greci p. 4, p. 5–6, p. 7, p. 8, p. 13, p. 15. p. 21, p. 26, p. 27, p. 28.
  10. Bethmann-Hollweg III p. 122.
  11. Ueber die Besoldung der Cohorte des Statthalters vgl. Bethmann-Hollweg I p. 171–172. Die judices pedanei und die Notare waren bis auf Kaiser Leo theils auf festen Gehalt, theils auf Sporteln angewiesen. Kaiser Leo schaffte die Sporteln für die judices ab. Zachariae, Jus Gr.-Roman.: Novellae. Coll. III Nov. 9.
  12. Johannes Curcusius fungirt als Notar a. 1033: Trinchera p. 32;
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_040.jpg&oldid=- (Version vom 14.10.2022)