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kirchliche Moralgebot der Friedensliebe überführend in das öffentliche Recht, weniger durch rechtliche Strafen als durch kirchliche Disciplinirung wirkend, charakterisirt durch die Befriedung gewisser Personen, Gegenstände und Zeiten.

Der „Landfriede“ war eine weltliche Einrichtung Deutschen Ursprungs, dem Gottesfrieden zeitlich nachfolgend, sowohl gegen die Fehde gerichtet, als besonders in ihrer späteren Entwicklung zum Theil förmliche Strafgesetzbücher, theils die Fehde indirect beschränkend durch Befriedung gewisser Personen und Gegenstände, selten durch Einführung gewisser Friedetage, theils sie gänzlich verbietend, vorwiegend gesetzlicher Natur. Das sind andeutungsweise die Hauptunterschiede.

Diese Friedensordnungen, die man sich nach der gewöhnlichen Anschauung als einander völlig ähnlich oder doch wenigstens gleichartig vorstellt, waren jedoch nicht bloss nach diesen zwei Hauptkategorien, sondern gerade innerhalb derselben durchaus verschieden und in unendliche Schattirungen sich zersplitternd. Pfister[1] hat Recht, wenn er sagt: „faute de les avoir distingués, on est tombé dans la confusion“. Und doch hat das Unterscheiden von jeher weniger Schaden gebracht als das Zusammenwerfen.

Besonders innerhalb der zweiten der oben charakterisirten beiden grossen Gruppen finden sich noch eine Anzahl der verschiedensten Formen, in welche die Friedensbestrebungen sich kleideten, von beschworenen Friedensvereinigungen bis zu vertragsmässigen Bündnissen, von landschaftlichen Friedenseinigungen bis zu förmlichen Reichsfriedensgesetzen. Es herrschten aber nicht nur örtlich die grössten Unterschiede, sondern auch in demselben Gebiete griff man in zeitlicher Aufeinanderfolge zu den verschiedensten Mitteln.

Zum anderen ist man mit der Bezeichnung Gottesfriede und Landfriede bislang ganz willkürlich umgesprungen. Beide Namen finden sich erst von einem ganz bestimmten Zeitpunkt an in den Quellen, und zwar für ganz bestimmte Verhältnisse. Trotzdem hat man sie entgegen dem Sprachgebrauch in den Quellen schon auf die ersten Anfangsstadien angewendet.

Abgesehen hiervon stösst man bei genauerer Untersuchung

  1. Pfister, Études sur le règne de Robert le pieux. S. 165.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_019.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)