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des Volkes noch nicht durchdringen. Die Gewohnheit, sich selbst sein Racherecht zu schaffen, war zu sehr in das Germanische Blut eingelebt, ebenso wie die Selbsthilfe im Privatrecht.

Eine andere Erscheinung tritt uns im Mittelalter entgegen, mit ausgeprägtem Charakter, bestimmte Zeit andauernd, ein festgesetztes Ziel verfolgend: „die mittelalterlichen Friedenssatzungen“. Diese Friedensaufrichtungen bilden einen Theil der Rechts- und Verfassungsgeschichte des Mittelalters, der zu den wichtigsten gehört. Sie haben den Ausgangspunkt für die mittelalterliche Reichs- wie Landesgesetzgebung gebildet. Sie erscheinen das ganze Mittelalter hindurch als der eigentliche Kern der Gesetzgebung, um den sich allmählich immer weitere Materien legen, die in mehr oder weniger losem Zusammenhange mit Friede und Fehde stehen, zum Theil eines solchen Zusammenhanges ganz entbehren. So findet sich schon in einer der frühesten Deutschen Friedensaufrichtungen[1], die uns erhalten sind, dem undatirten Frieden bei Waitz (Urk. 12), nebenbei ein Verbot des Pferdeexports, und neben anderem das Gebot, Streitigkeiten um Eigen und Lehen vor den herzoglichen Beamten zu verhandeln, Bestimmungen, die wir später wiederholt in ähnlichem Zusammenhange finden werden.

Wenn man von den Friedenssatzungen des Mittelalters spricht, so hat man vor allem zu unterscheiden zwischen den sogenannten Gottesfrieden und den sogenannten Landfrieden. Letztere eine mehr Deutsche und mehr von rechtlichen Gesichtspunkten aus zu betrachtende Institution, erstere eine mehr specifisch Französische, mehr unter rein historischen Gesichtspunkten zu betrachtende Erscheinung. Beide Institute hängen in manchen Beziehungen ebenso sehr miteinander zusammen, als sie in vielen Beziehungen scharf von einander zu trennen sind.

Der „Gottesfriede“ war eine kirchliche Einrichtung Französischen Ursprungs, bestimmt zur Bekämpfung des Fehdewesens, die Fehde bekämpfend nicht durch gänzliches Verbot, sondern durch indirecte Beschränkungen, lediglich vertraglicher, nicht gesetzlicher Natur, bestimmte eigenartige Mittel anwendend, das

  1. Waitz, Urkunden zur Dt. Verf.-G. im 10., 11. und 12. Jh. 2. Aufl. 1886. S. 30 (Urk. 12).
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_018.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)