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Durch dies Document ist die Anwendung der Heimathsbezeichnung „de Apulia“ für Pulía bei Lucca erwiesen und Prof. Frey wird darüber mit wohlfeilen Scherzen, die daraus ein Sumpfnest machen sollen, nicht hinwegkommen, und ebenso wenig mit der unbewiesenen Behauptung, zur Zeit Nicola Pisano’s habe der Ort so völlig seine Bedeutung verloren, dass es zur Herkunftsbezeichnung allein überhaupt nicht mehr gebraucht werden konnte. Die einzige Frage wäre, wie weit dies ausserhalb Luccas geschehen mochte? Und hierfür kommt sicher der besondere Fall in Betracht, ob es sich in der Personalangabe darum handelt, einen von auswärts gebürtigen Mann möglichst genau zu bezeichnen, so dass Identificirung, Rückverfolgung bis in die Heimath u. dgl. möglich sei, oder aber um einen nebensächlichen Zusatz, der für die bürgerliche Zugehörigkeit nichts Werthvolles mehr beibringt. Im ersten Fall wird man ausserhalb Luccas bei der Angabe de Apulia einen näheren Zusatz zur Bezeichnung der Stadtangehörigkeit erwarten, im zweiten Fall, wo es sich, wie bei Niccolò Pisano in Siena, nur um die Herkunft, nicht um Heimathsberechtigung handelt, ist Derartiges ganz überflüssig[1].

Auf Grund dieses Documentes von 747 habe ich mich wie andere Forscher berechtigt geglaubt, eine Reihe von anderen Bezeichnungen „de Apulia“, welche in Urkunden dieser Gegend, d. h. in Lucca oder in der Nachbarschaft: Pisa, Siena vorkommen, auf die nächstgelegene kleine Ortschaft zu beziehen und lese sie Apulía, bis zwingend erwiesen wird, dass Apulien gemeint ist.

Hierher gehört das von mir erwähnte Lucchesische Document vom Jahre 1124, wo der Streit des Bischofs Andrea von Luni (nicht Lucca, wie sogar Prof. Frey mir nachgeschrieben) mit den Markgrafen Malaspina und Wilielmus Franciscus durch ein Schiedsgericht in S. Alessandro zu Lucca geschlichtet wird. Hier ist „Wilielmus de Apulia“ allerdings der Advocat der Markgrafen, steht aber auf ihrer Seite unter lauter Norditalienern (aus Lavagna, Tertona, Arcole, Bojano u. s. w.) und die Versicherung Prof. Frey’s, „er stammte aus Apulien“ nicht aus Pulía bei Lucca, ist wieder eine von seinen Behauptungen, die gar nicht bewiesen, – ja kaum, wie er sich selbst hernach verbessert, wahrscheinlich gemacht wird, wenn er erinnert, dass ein ganz anderer Markgraf, Hugo von Este, eine Tochter Robert Guiscard’s zur Gemahlin hatte. Der Advocat braucht garnicht zum

  1. Insofern und für die Frage, ob „de Apulia“ nach dem Gebrauch der Notare auf eine Gemeinde gehen muss, ergeben die von Prof. Frey beliebig aus Chroniken, Deutschen Urkunden u. s. w. entnommenen Beispiele nicht das, worauf es ankommt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_371.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2022)