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entfestigt, nicht zerstört werden[1]. Nach dem Misslingen der Brandlegung kam die Stadt nun in die Gewalt der Kaiserlichen und diese verfuhren mit ihr so, wie Chamlay zunächst beabsichtigt hatte. Durch Verpallisadirung der entstandenen Breschen machte man die Stadt nothdürftig vertheidigungsfähig, während die Vorstädte von den bewaffneten Bürgern bewacht wurden[2].

Zu ähnlichen Beobachtungen gibt der Verlauf des Zerstörungswerks im Frühjahr 1689 auch an anderen Orten Anlass, besonders in Mannheim, dessen völlige Zerstörung Louvois zuerst in Aussicht genommen hatte, während Chamlay nur seine sofortige und vollständige Entfestigung verlangte. Auch dort war Montclar zur Vollstreckung der Louvois’schen Befehle berufen. Am 3. März eröffnete er den Bürgern ihr Schicksal und schlug ihnen vor, um Unordnung zu vermeiden, möchten sie selbst ihre Häuser niederreissen. Natürlich erwies sich das als unmöglich: starres Entsetzen ergriff die Mannheimer bei solcher Mittheilung und Aufforderung[3]. Die Franzosen selbst mussten Hand anlegen, um sich bald zu überzeugen, dass man ihnen wiederum Unmögliches zugemuthet habe. Denn zum Niederreissen der Baulichkeiten, deren Materialien möglicherweise bei der Neubefestigung von Philippsburg Verwendung finden konnten, hätte man eine viel zu lange Zeit gebraucht, und nahm daher auch hier schliesslich seine Zuflucht zum Feuer. Aber auch dieses that nicht ganz die gewünschte Wirkung. Denn während nach dem Berichte Montclar’s und seines Gehilfen Tessé von den 800 Häusern der Stadt die Hälfte niedergebrannt sein sollte, musste wiederum de la Grange, als er im Auftrage Louvois’ die gethane Arbeit besichtigte, die überraschende Thatsache feststellen, dass das an fünfzig verschiedenen Stellen angelegte Feuer nur einige dreissig Häuser in Asche gelegt hatte: die Bürger, die wohl erkannten, was im Werk war, hatten alles zum Löschen vorbereitet und selbst in den Scheunen Wasservorräthe gesammelt, mit denen sie unmittelbar nach dem Abzuge der Franzosen dem beginnenden Brande erfolgreich entgegentraten. Das Schloss freilich und die Neckarbrücke

  1. Ebendas. S. 197–98. Vgl. oben S. 256.
  2. Tessé an Louvois d. 18. März. Lettr. mil. V S. 313.
  3. de la Grange an Louvois d. 4. März bei Rousset a. a. O. S. 166.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_269.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)