Seite:De DZfG 1890 04 245.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zur Verfügung gehabt, welche das Archiv des Französischen Kriegsministeriums aufbewahrt. Vergleicht man aber das, was er davon beibringt, mit dem anderweitig davon bekannt gewordenen, so befremdet es durch verhältnissmässige Dürftigkeit und Unbedeutendheit und fördert unsere Kenntniss nur wenig über den bisherigen Stand hinaus. Diese beruht im Wesentlichen auf einer 1760 bis 1764 in sechs Bänden im Haag erschienenen Sammlung von Briefen der an den Kriegen der Jahre 1672 bis 1694 betheiligten Französischen Generale, Officiere und Intendanten[1], die sich naturgemäss um Louvois als die leitende Persönlichkeit gruppiren. Dass es sich darin nicht um eine officielle Französische Publication handelt, liegt auf der Hand; ebenso dass nicht die Absicht obwaltete, die Französische Kriegsführung in einem besonders günstigen Lichte erscheinen zu lassen. Die Annahme einer Fälschung wird aber durch die Thatsache ausgeschlossen, dass eine beträchtliche Anzahl der von Rousset aus dem Archive des Französischen Kriegsministeriums mitgetheilten Briefe und Brieffragmente wörtlich mit den in jener Sammlung enthaltenen Stücken übereinstimmen: wer diese veranstaltete, hat ohne Zweifel eben dieselben Schriftstücke vor sich gehabt, welche nahezu hundert Jahre später Rousset in dem Archive des Französischen Kriegsministeriums benutzen konnte. Vergleicht man nun die Roussetschen Auszüge aus der die Verwüstung der Rheinlande betreffenden Correspondenz mit den in jener Sammlung gebotenen Stücken, so ist der Vorzug der grösseren diplomatischen Genauigkeit in der Wiedergabe der handschriftlichen Vorlage ohne Zweifel den ersteren zuzuerkennen. In sachlicher Hinsicht aber fällt es auf, dass Rousset manche besonders lehrreiche oder doch charakteristische Stücke nicht mitbenutzt zu haben und auch bei der Auswahl der mitgetheilten Stellen nicht völlig unbefangen verfahren zu sein scheint, denn gerade die für Louvois ungünstigen Aeusserungen, die sich in den gedruckten Briefen finden, sind unbeachtet geblieben. Die Vermuthung, dass dem Herausgeber

  1. Recueil des lettres pour l’éclaircissement de l’histoire militaire du règne de 1672–94. A la Haye 1760–64. Ich konnte das Buch, das in Deutschland ziemlich unbekannt geblieben zu sein scheint – z. B. hat es L. Häusser in der Geschichte der Pfalz nicht benutzt – in dem ehemals der Metzer Artillerieschule gehörigen Exemplar benutzen, das sich nunmehr in der Bibliothek des königlich Preussischen grossen Generalstabs befindet.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_245.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)