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lautet ohngefähr: Theodoretos gibt seine Quellen sehr ungenau wieder, er übertreibt oft, er ist gleichgültig gegen den inneren Zusammenhang der Ereignisse, seine Darstellung ist häufig einseitig und mit Wundergeschichten ausgeschmückt, Neues findet sich bei ihm wenig und das Wenige ist wenig beachtenswerth. Seine Quellen sind in der Hauptsache Sokrates, Sozomenos, sowie Rufinus und Philostorgius, in einzelnen Dingen auch Gregorios von Nazianz, Gregorios von Nyssa, Ephraem Syrus, Athanasius, Sabinus, Eusebius. Die Zeit der Abfassung des Werkes setzt er in die Jahre 441–449, wahrscheinlich 448–449.

Einem grossen Bedürfniss für das Studium der Geschichte des ersten Kreuzzuges kommt H. Hagenmeyer’s neue Ausgabe der Anonymi gesta Francorum et aliorum Hierosolymitanorum[1] entgegen; denn die beiden bisherigen Ausgaben, die von Bongars und die von Ph. Le Bas im Recueil des hist. des croisades, sind einerseits schwer zugänglich, andererseits veraltet. Ausser diesen beiden älteren Ausgaben benutzte die neue noch die vom verstorbenen Grafen Riant hergestellten Collationen von 5 bisher unbenutzten Handschriften. Das Werk des bekannten Herausgebers des Ekkehard von Aura ist mit einer solchen Fülle von gelehrten Anmerkungen ausgestattet, dass der Text daneben kaum den vierten Theil des Raumes einnimmt. Durch diese sowohl wie durch eine ausführliche Einleitung, in welcher über den Verfasser der Gesta und seinen Standpunkt, über Inhalt, Anlage, Abfassungszeit, Sprache und Schreibweise, Quellen und Zuverlässigkeit des Werkes, Benutzung desselben seitens anderer Quellenschriftsteller, endlich über die Codices und Ausgaben in höchst interessanter und lehrreicher Weise unter mehrfacher Polemik gegen neuere Forscher gehandelt wird, werden theils eine Menge streitiger Fragen gründlich erledigt, theils neue Materialien beigebracht oder neue Gesichtspunkte aufgestellt. Kein Forscher wird dasselbe ohne reiche Belehrung und Anregung aus der Hand legen, besonders werden für die, welche sich speciell mit der Byzantinischen Geschichte beschäftigen, die Beiträge zur Kritik der Anna Komnena von Werth sein. Nach dem grundlegenden Werke Sybel’s halte ich es für eines der bedeutendsten Bücher, welche in den letzten Jahrzehnten über die Geschichte des ersten Kreuzzuges geschrieben worden sind, es ist fast mehr eine kritische Geschichte desselben als eine Ausgabe.

G. Raynaud’s Gestes des Chiprois[2] sind eine der wichtigsten

  1. Heidelberg, Winter. 1889–90. ix 574 p. in 2 Theilen erschienen.
  2. Gaston Raynaud, Les Gestes des Chiprois. Recueil de chroniques franç. écrites en Orient aux 13 et 14 siècles (Philippe de Navarre
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_204.jpg&oldid=- (Version vom 10.12.2022)