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davon werden wir durch die Briefe und Berichte des Polizeipräsidenten Justus Gruner an den Minister des Innern Grafen Dohna unterrichtet.

In dem Begleitschreiben vom 29. April heisst es: „Wir leben hier in der höchsten Spannung. Die Gerüchte von den Krieges-Ereignissen wechseln stündlich. Die Entweichung des Majors v. Schill mit seinem Regimente, erzeugt die lebhafteste Sensazion. Es kostet viel Mühe, die öffentliche Ruhe zu erhalten. Die Bewegung der Gemüther ist ausserordentlich und nicht lebhafter könnte die Theilnahme am eigenen Kriege sein.“ In diese Aufregung hinein kam die Nachricht von Schill’s Auszug. In dem Zusatz zu dem Rapporte vom 25.–29. April berichtet Gruner darüber folgendermassen: „Heute früh erscholl plözlich die Nachricht, dass der Major von Schill mit seinem Husaren-Regimente gestern Abends ausgerückt und nicht zurückgekehrt sey. Das Publikum glaubte anfangs, dass er sich auf höhere Ordre zu irgend einer militärischen Bestimmung begeben habe. Bald ward indess grossentheils bekannt, dass er ohne Authorisazion abgegangen ist. Die Stimmung darüber ist getheilt, Alles vereinigt sich jedoch, seiner Expedizion einen glücklichen Erfolg zu wünschen. Die Sache macht grosse Sensazion, besonders unter den höheren Ständen, welche die unvermeidlichen Folgen davon vorhersehen. Und, wie gut gemeint dieser Schritt auch ist, so beweiset er doch zu laut, welch eigenmächtiger Geist zu gehen angefangen, da ein Offizier dieses Ranges und bedeckt mit königlichen Wohlthaten, dem Monarchen seine Truppen, ohne Genehmigung zu entführen versucht. Es giebt nur ein Mittel, diesen grässlichen Eindruck zu tilgen, will man Anarchie verhüten und schnell muss es ergriffen werden.

Die Zeitumstände begünstigen Vieles. In Cüstrin ist die Besatzung nach dem anliegenden mir heute zugekommenen Schreiben höchst missvergnügt und zum Theil schon desertiert. Es dürfte nicht schwer halten, sich dieser Festung zu bemächtigen.

Der Herr Staatsminister Graf v. d. Goltz Excellenz begiebt sich morgen nach Königsberg um Verhaltungsbefehle von Sr. Majestät einzuholen.

Schleunigste Entscheidung ist dringend nothwendig. Wir stehen am Abgrunde. Nur ein rascher kräftiger Sprung oder gänzliche Ergebung bleibt übrig; Eins aber ist sogleich nothwendig, sonst wandeln wir dem Untergang unvermeidlich entgegen."

Der Zusatz des folgenden Rapportes gedenkt der Angelegenheit Schill’s mit folgenden Worten: Am 30. April sei ein Schillscher Husar, welcher zurückgeblieben war, ausgerissen. „Er hatte zuerst versucht, das Brandenburger Thor zu passiren, und als er hier zurückgewiesen worden war, sich nach dem Halleschen begeben. Auf dieses

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_121.jpg&oldid=- (Version vom 18.10.2022)