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gethan worden ist, als uns die Ueberlieferung erhalten hat. Der Umstand, dass Oliver seine Thätigkeit, die er während der Jahre 1214 bis 1217 in so reichem Masse entfaltet hatte, wieder aufnahm, bestätigt wohl die Annahme, dass er speciell zum Kreuzprediger berufen worden ist. Dass aber der Kreis seiner Thätigkeit diesmal sich ausschliesslich auf das kleine Friesland beschränkte, beweist wohl, dass er nicht der einzige gewesen ist, der in der Kölner Provinz das Kreuz predigte.

Es hatte seinen ganz bestimmten Grund, dass gerade dem Scholaster Oliver das Land der Friesen zur Gewinnung für den Kreuzzug anvertraut wurde. Bereits im directen Auftrage Innocenz’ III. als Kreuzprediger thätig, hatte er Namur, Brabant, Flandern und die Diöcese Utrecht durchzogen, dann aber längere Zeit unter den Friesen zugebracht und mit dem grössten Erfolge das Kreuz gepredigt[1]. Er hatte dann während des Kreuzzuges von Damiette wirklich Staunenswerthes erzielt durch seine eigene Genialität und die bewundernswürdige Tapferkeit der Friesen, deren geistiger Führer er auch in Aegypten geblieben[2]. Früh zwar waren die Friesen heimgekehrt, aber nicht verfolgt von dem päpstlichen Banne, welcher denen drohte, welche die gelobten drei Jahre nicht aushielten, sondern begleitet von Empfehlungsschreiben Oliver’s und des Patriarchen von Jerusalem, worin beide ihnen wegen ihrer Frömmigkeit, Ausdauer und Tapferkeit uneingeschränktes Lob spendeten und sie gegen den Vorwurf der zu frühen Rückkehr in Schutz nahmen[3]. Oliver war von den Friesen geachtet, ja schwärmerisch verehrt und hatte selbst eine grosse Zuneigung zu diesem urwüchsigen Volke[4]. Es konnte demnach keine glücklichere Wahl getroffen werden als die Oliver’s zum Kreuzprediger für Friesland.

Zunächst tritt nun an uns die Frage heran, wann Oliver seine Thätigkeit begann. Um diese zu beantworten, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass Oliver den Kreuzzug von Damiette mitgemacht hat und Augenzeuge des tragischen Endes der ganzen

  1. Hoogeweg a. a. O. 253 ff.
  2. Vgl. Hoogeweg, Der Kreuzzug von Damiette in den Mittheilungen des Instituts VIII S. 199 ff.
  3. Mieris, Groot Charterboek etc. I, 176 ff.
  4. Vgl. den Brief Oliver’s bei Emo a. a. O. 502–3.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_063.jpg&oldid=- (Version vom 19.9.2022)