Seite:De DZfG 1890 04 033.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

verbreitete Stimmung der Zufriedenheit mit dem Feldherrn[1]. Auch hier jedoch erhebt sich die Frage: Kann Wallenstein gerade diejenigen Dinge vorgetragen haben, welche der ungenannte Berichterstatter ihn vortragen lässt?

Nach dem Bericht geht Wallenstein’s Kriegführung einerseits auf die Schaffung einer Armee von erdrückender Ueberzahl, anderseits auf rein defensive Haltung, mit dem Vorbehalt, dass das innere Ungarn in das Vertheidigungssystem nicht eingezogen werden soll. Vergleicht man hiermit die zuverlässigen Aussagen des Feldherrn, so wird man allerdings drei Grundsätze desselben in diese Auffassung einordnen können. Einmal, Wallenstein verlangt eine über das Mass einer normalen Armee hinausgehende Truppenzahl, und zwar desshalb, weil er mit 60 000 Mann seiner unbezahlten Truppen nicht so viel ausrichten könne, wie mit 20 000 wohl bezahlter Soldaten[2]. Zweitens, er glaubt, dass selbst ein kleiner Misserfolg im Feld zum Verderben der kaiserlichen Sache führen könne: denn die Mittellosigkeit des Kaisers werde nur mühsam verdeckt, zahllose Widersacher desselben warten im Reich und in den Erblanden auf die Gelegenheit zum Losbruch, das Spiel, das man für den Kaiser halte, sei ein verzweifeltes[3]. Drittens, er ist überzeugt, dass seine Armee, wenn sie sich zu tief nach Ungarn hinein wage, bei der Armuth des Landes und der Verrätherei der einheimischen Streitkräfte ihren Untergang finden werde[4]. Indess, in der Hauptsache stehen Wallenstein’s sicher bezeugte Absichten in scharfem Widerspruch zu den von dem Bericht ihm unterstellten Anschauungen: seine Kriegspläne, soweit er sie frei entwarf und nicht nach unvorhergesehenen Nothständen einrichten musste, waren offensiver Art. Als er im Herbst 1625 sich in die Stifter Magdeburg und Halberstadt einlagerte, vermeinte er, nach Ablauf des Winters

  1. Per tali (sc. per molto prudenti) si sono publicate (le sue operazioni) per la corte. (Padavino, Dec. 2. Gindely I S. 167 Anm.) Aehnlich der Franz. Gesandte: il (Eggenberg) tesmoigne à présent plus de satisfaction. (S. 166 Anm.)
  2. Tadra Nr. 32 postscr. S. 330. (1626 März 6.)
  3. Tadra Nr. 48 (S. 352), Nr. 84 (S. 394), Nr. 86 (S. 397). Man muss a la desperata gehen, sagt er am 6. März und 9. Aug. 1626. (Nr. 32 postscr. und Nr. 105 S. 419.)
  4. Vgl. u. a. Tadra Nr. 94 (S. 407/8), Nr. 108 (S. 420/21: „Die Ungarn, wan sie am treisten [treuesten] sind, so reiten sie darvon“), Nr. 159 (S. 464).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_033.jpg&oldid=- (Version vom 4.12.2022)