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Truppen nicht umfasste, wird über alle in des Kaisers Sold stehenden Streitkräfte ausgedehnt; Regimentsobersten und Capitäne, deren Ernennung bis dahin der kaiserlichen Unterschrift bedurfte, werden fortan von ihm selbständig ernannt, die Generalcommandos werden zwar vom Kaiser, aber auf Wallenstein’s Vorschlag besetzt; endlich erhält er das Recht, aus den zum Unterhalt der Armee bestimmten Geldquellen die Zahlungen selbständig anzuweisen und Lieferungen von Proviant und Munition mit gleicher Machtvollkommenheit, wie sie der Kaiser, wenn er anwesend wäre, ausüben könnte, zu verordnen. – Für die Vorgeschichte dieser exorbitanten Bestallung haben wir einen Brief Wallenstein’s an Colalto vom 22. März 1628[1], und in demselben folgenden besonders wichtigen Satz: „ueber das, was ich zu Bruck mit dem Fürsten von Eggenberg accordirt habe, so ist bei den Spanischen Generalcapitanen (bestimmt), dass sie auch die Generale von der Artolerie bestellen“. Also eine in Bruck getroffene vorläufige Vereinbarung war der Grund der ausserordentlichen Machterweiterung, die Wallenstein im April 1628 zu Theil wurde.

Blicken wir nun zurück, so springt in die Augen, dass in Bruck Verhandlungen über die wichtigsten Interessen der Armee und ihres Feldherrn geführt und zum Theil erledigt, zum Theil auf weitere Entscheidung des Kaisers gewiesen sind. Ueberall erscheint Wallenstein als derjenige, der gebieterisch fordert, der Kaiser als derjenige, der nachgibt. Wie stellt sich nun zu dieser Sachlage unser Bericht? Er weiss nichts von den die Conferenz eigentlich ausfüllenden geschäftlichen Abmachungen. Statt alles anderen trägt er eine politisch-militärische Erörterung vor, mittelst deren Wallenstein seine Kriegführung gerechtfertigt habe. Er ist also unbrauchbar, insofern es sich um die Hauptsache handelt, irre leitend, insofern Wallenstein nicht im Licht des Heischenden, sondern des sich Entschuldigenden erscheint. Allerdings die Thatsache, dass Wallenstein neben seinen Forderungen auch eine Rechtfertigung seiner Kriegführung vorgetragen hat, ist an sich richtig. Nach den tiefen Missverständnissen zwischen ihm und seiner Regierung musste er sich wohl zu derartigen Erklärungen verstehen, und mit welchem Erfolg er sich dazu verstand, das zeigt die am kaiserlichen Hof alsbald geflissentlich

  1. Chlumecky S. 70.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_032.jpg&oldid=- (Version vom 4.12.2022)